Bundesinnenministerium: Bisher "Aufenthaltstitel" für 43.000 Syrer wegen Familiennachzugs. Wohlfahrtsverbände warnen angesichts fehlender Wohnungen.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums haben von Beginn 2016 bis zum Mai 2017 etwa 43.000 syrische Staatsangehörige einen Aufenthaltstitel aus familiären Gründen erhalten. Das sei in 26.500 Fällen der Nachzug von Kindern, in 13.900 der von Ehegatten und in rund 1600 der von Eltern gewesen, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z./Freitagsausgabe). Die Zahlen zum Familiennachzug syrischer Flüchtlinge stammen aus dem Ausländerzentralregister, sie sind nach Darstellung der Sprecherin vorläufig.
Nach Angaben des Auswärtigen Amts erhielten 2016 und im ersten Halbjahr 2017 rund Syrer 65.000 Visa zum Familiennachzug. Erwartet wird, dass die Zahl der per Familiennachzug nach Deutschland einreisender Syrer bald deutlich steigen könnte. Die Bundesregierung hatte mit dem Asylpaket II im März 2016 den Familiennachzug für Personen, die nachrangigen (subsidiären) Schutz erhalten, für zwei Jahre ausgesetzt. Von Anfang 2016 bis Mitte 2017 hatten rund 165.500 Syrer subsidiären Schutz erhalten. Im März 2018 läuft die Aussetzung des Familiennachzugs für sie aus.
Das Auswärtige Amt geht in einer „groben Schätzung“ davon aus, dass insgesamt zwischen 200.000 und 300.000 Familienmitglieder zu Syrern und Irakern nachziehen könnten. In der Schätzung sind bereits die 102.000 zwischen 2015 und Mitte 2017 erteilten Visa enthalten sowie die 128.000 subsidiär schutzberechtigten Syrer und Iraker, die ab März 2018 Familiennachzug beantragen können. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts sagte der F.A.Z., es lasse sich nicht vorhersagen, wie viele Menschen von der Möglichkeit Gebrauch machen würden. „Aufgrund bisheriger Erfahrung nimmt das Auswärtige Amt einen Nachzugsfaktor von weniger als eins an“, sagte die Sprecherin.
Mitarbeiter deutscher Wohlfahrtsverbände warnten gegenüber der F.A.Z vor einer Überlastung angesichts des geringen Angebots an freien Wohnungen in westdeutschen Großstädten sowie angesichts mangelnder Kita- und Schulplätze. „Eine Integration ist nicht möglich, wenn die Familie nicht da ist. Aber unter den Rahmenbedingungen, die momentan in Deutschland herrschen, ist eine Integration der Familie auch nicht möglich“, sagt eine Mitarbeiterin der Caritas. Es gebe schon heute keinen Puffer mehr an Wohnungen. Wenn der Familiennachzug nun für deutlich mehr Menschen erlaubt würde, drohe Chaos. In vielen Fällen müssten momentan nachziehende Familien in die Einzimmerwohnungen der schon in Deutschland als Flüchtlinge anerkannten Familienväter ziehen. In Essen gebe es Familien, die zu siebt auf 26 Quadratmetern lebten.
Die Zahl möglicher nachreisender Familienangehöriger spielt auch im Wahlkampf eine Rolle. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) setzte sich kürzlich dafür ein, den Nachzug weiter auszusetzen und äußerte mit Bezug auf mögliche nachziehende Familienangehörige: „Dass die Zahlen gewaltig sind, ist so.“ Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) forderte, den Familiennachzug generell auszusetzen. Die AfD sprach von weiteren zwei Millionen Migranten ab 2018. Flüchtlingsorganisationen, Kirchen, Sozialverbände, die Opposition und in Teilen auch die SPD hingegen setzen sich für den Nachzug ein.