Vergangene Nacht nähertesich die ESA-Sonde Rosetta um 20.58 Uhr MESZ dem Asteroiden 2867 Steinsauf eine Entfernung von nur 800 km. Steins ist Rosettas erstesnominelles wissenschaftliches Zielobjekt auf ihrer elfeinhalb Jahrelangen Reise zur Erforschung des Kerns des Kometen 67/PTschurjumow-Gerasimenko.
Die erfolgreiche Begegnung wurde um 22.14 Uhr MESZ bestätigt, als dasBodenkontrollteam im Europäischen Raumflugkontrollzentrum der ESA(ESOC) in Darmstadt die ersten Telemetriedaten der Sonde empfing.Während des Vorbeiflugs bestand kein Funkkontakt mit Rosetta, da dieAntenne der Raumsonde nicht auf die Erde ausgerichtet war. Aufgrund dergroßen Entfernung von ca. 2,41 AU (360 Millionen Kilometer) benötigtedas Bestätigungssignal 20 Minuten, bis es unseren Planeten erreichte.Steins ist ein kleiner, unregelmäßig geformter Asteroid mit einemDurchmesser von nur 4,6 km, der zu der seltenen Kategorie der„E-Typ-Asteroiden“ zählt, die noch nie direkt von einem interplanetarenRaumfahrzeug beobachtet wurde. Diese Asteroiden weisen eine relativgeringe Größe und enge Umlaufbahn auf und sind meist im inneren Teildes zwischen Mars und Jupiter gelegenen Asteroiden-Hauptgürtelsanzutreffen. Sie stammen vermutlich aus dem Mantel größerer Asteroiden,die in der Frühgeschichte des Sonnensystems zerstört wurden undwahrscheinlich größtenteils aus Silikatmineralen mit wenig oder keinemEisenanteil bestehen.
Flugbahn von Rosetta:This diagram shows the approach of Rosetta’s spacecraft to asteroid(2867) Steins on 5 September 2008. Steins is located in the mainasteroid belt between the orbits of Mars and Jupiter. The encountertook place during Rosetta’s first incursion into the main asteroid beltwhile on its way to Comet 67P/Churyumov-Gerasimenko.
Die vergangene Nacht von Rosetta gesammelten Daten werden in denkommenden Tagen und Wochen ausgewertet, um endlich die wahreBeschaffenheit von Steins zu enthüllen.
Mit der Untersuchung kleiner Himmelskörper wie Asteroiden bietetRosetta erste Erkenntnisse über die Frühgeschichte unseresSonnensystems. Dies führt zu einem besseren Verständnis der Ursprüngeund Entwicklung von Planeten und hilft bei der besseren Auswertung vonan der Oberfläche gesammelten Asteroidendaten.
Unter Rosettas wachsamem Auge
Dies ist nicht das erste Mal, dass Rosetta Steins unter die Lupe nimmt.Im März 2006 beobachtete Osiris, die Kamera an Bord von Rosetta, dieHelligkeitsveränderungen des rotierenden Asteroiden aus einerEntfernung von 159 Millionen Kilometern (etwas mehr als der Abstandzwischen Erde und Sonne) und fand heraus, dass der kleine Asteroid sichinnerhalb von ca. sechs Stunden einmal um sich selbst dreht.
Zusammen mit den beiden Navigationskameras an Bord von Rosetta nahmOsiris am 4. August Steins erneut ins Visier und beobachtete denAsteroiden zur optischen Navigationsunterstützung von Rosetta bis 4.September, was eine Premiere im Raumsondenbetrieb der ESA darstellte.Einige Tage vor dem Vorbeiflug wurden die meisten Instrumente der Sondesowie der Magnetometer des Philae-Landegerätes eingeschaltet, umwissenschaftliche Daten über den Asteroiden zu sammeln, die im Laufedes Anfluges der Raumsonde immer mehr an Genauigkeit gewannen.
Rosettas leistungsstarke Instrumente konzentrierten sich zunächst aufdie Bahnbewegung, Rotation, Gestalt und Dichte des Asteroiden. Da sichdie Entfernung verringerte, weitete sich die Untersuchung auf dessenOberflächenbeschaffenheit und -eigenschaften, die Analyse derchemischen und mineralogischen Zusammensetzung der Böden sowie ihrjeweiliges Alter und die Auswirkungen des Sonnenwindes auf dieOberfläche aus.
Zum Zeitpunkt ihrer geringsten Entfernung von Steins flog Rosetta miteiner relativen Geschwindigkeit von 8,6 km/s an dem Asteroiden vorbei.Um den kleinen Himmelskörper im Blickfeld ihrer Instrumente zu halten,musste die Sonde ein schnelles und äußerst anspruchsvolles Drehmanövervollführen, das bereits im März dieses Jahres erfolgreich geprobtworden war.
Eine vorläufige Auswertung der ersten Daten des Vorbeifluges wurde der Presse heute um 12.00 Uhr MESZ im ESOC vorgestellt.
Steins und fernere Gefilde
"Steins ist zwar klein, aber wir leisten hier herausragendewissenschaftliche Arbeit", so Dr. David Southwood, ESA-Direktor fürWissenschaft und Robotische Exploration. "Je mehr wir über dieunterschiedlichen Asteroidentypen wissen, desto besser werden wirunsere eigenen Ursprünge verstehen. Brechen solche Wanderer desSonnensystems aus dem Asteroidengürtel aus, könnten sie zudem zu einerGefahr für die Erde werden. Je besser wir sie kennen, desto besserwerden wir in der Lage sein, die Risiken einzudämmen, die einige vonihnen in Zukunft darstellen könnten."
"Rosetta funktionierte die ganze Zeit einwandfrei", so Southwoodweiter. "Um ein so kleines Ziel im Auge behalten zu können, war einkomplexes Manöver notwendig, das die Raumsonde mit Bravour meisterte.Jetzt sind wir sogar noch zuversichtlicher, dass sie die schwierigenAufgaben, die bei der Untersuchung des Kometen Tschurjumow-Gerasimenkovor ihr liegen, bewältigen wird."
Die wissenschaftlichen Beobachtungen von Steins werden noch bis 10. September fortgesetzt.
Seit ihrem Start mit einer Ariane-5-Trägerrakete am 2. März 2004 legteRosetta bereits ca. 3,7 Milliarden Kilometer zurück und führte zweiVorbeischwungmanöver an der Erde und ein Vorbeischwungmanöver am Marsdurch. Am 17. Dezember dieses Jahres wird Rosetta auf ihrer derzeitigenUmlaufbahn die größte Entfernung zur Sonne erreichen und anschließendin Richtung Erde zurückkehren, um am 13. November 2009 auf dem Weg zuihrem endgültigen Ziel ein letztes Mal Schwung zu holen.
Am 10. Juli 2010 wird Rosetta an einem weiteren, sehr viel größerenHimmelskörper, dem Asteroiden 21 Lutetia, vorbeifliegen. Die Ankunft amKometen 67/P Tschurjumow-Gerasimenko ist für Mitte 2014 geplant. Bisdahin wird die Raumsonde insgesamt ca. 6,5 Milliarden Kilometerzurückgelegt haben.
Steins in 3D