Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hält es für möglich, dass die geplanten Rettungs-Milliarden der US-Regierung für bedrohte Geldinstitute zu Wettbewerbsverzerrungen für europäische Banken führen könnte.
„Das ist ein Thema“, sagte der Minister dem Nachrichten-Magazin DER SPIEGEL, „aber da kann ich Ihnen noch keine Lösung aus der Hüfte schießen.“ Zunächst müsse abgewartet werden, „was die Amerikaner genau vorhaben“. Der dem rechten SPD-Flügel an-gehörende Politiker hat angesichts der Finanzkrise sogar seine Weltanschauung relativiert.
Gegenüber dem SPIEGEL räumte er ein, „dass gewisse Teile der marxistischen Theorie doch nicht so verkehrt sind“. Steinbrück: „Ein maßloser Kapitalismus, wie wir ihn hier erlebt haben mit all seiner Gier, frisst sich am Ende selbst auf.“
Der Finanzminister rechnet damit, dass sich die Finanzarchitektur in den nächsten Jahren „global verändern wird“. Der US-Patient liege momentan „mit einer Lungenentzündung auf der Intensivstation“. Das bedeute, „dass auch wir hier in Europazumindest eine schwere Erkältung bekommen können“. 2009 dürfte „deutlich schlechter werden als die bisher geschätzten 1,2 Prozent Wachstum“.
Scharfe Kritik übte Steinbrück an Teilen deutscher Elite: „Man muss aufpassen, dass der aufgeklärte Kapitalismus kein Legitimations-, Akzeptanz- oder Glaubwürdigkeitsproblem bekommt. Nicht nur wegen der maßlosen Gehaltsentwicklungen in man-chen Bereichen.
Ich meine Steuerhinterziehung und Korruption. Ich meine Skandale und Affären, wie wir sie in letzter Zeit erlebt haben, ohne dass diese verallge-meinert werden dürfen. Aber die sind sehr angreifbar für das hiesige Publikum, dasdamit auf Dauer sauer gekocht wird, weil es den Eindruck haben muss: Für ‚die da oben‘ gelten keinerlei Spielregeln mehr.“
Da sei „einiges aus den Fugen geraten“. Auch die peinliche Panne der KfW-Millionenzahlung an die am gleichen Tag Pleite gegangene Investmentbank Lehman Brothers erzürnt Steinbrück: „Ein unsäglicher Hammer“ sei das gewesen, „eine groteske Fehlhandlung“. Bei so einer „idiotischen Überweisung – da flippt sogar meine 89-jährige Mutter aus“, so Steinbrück.