Wie kann eine Aktie, die höchstens 30 wert ist, bei 350 Euro stehen? Leerverkäufer können Margincall nicht bedienen. Open-End-Short-Zertifikat von Goldman Sachs gekündigt.
Wenn es noch eines Beweises Bedarf, dass Leerverkäufer zuweilen auch für steigende Kurse sorgen, dann genügt ein Blick auf Volkswagen.
VW realtime
VW kostet derzeit so viel, wie alle Autoproduzenten weltweit zusammen. Bei 350 Euro liegt die Marktkapitalisierung bei rund 200 Milliarden Euro. Zum Vergleich: General Motors kostet nur noch gut 2 Milliarden.
Nach wie vor ist aus Frankfurter Kreisen zu hören, dass es in der Finanzcommunity zu Zwangsexekutionen kommt. Viele Marktteilnehmer, die bei VW mittels Leerverkauf auf sinkende Kurse setzten, geht nun die Puste, bzw. das Geld aus.
Einerseits verlieren die Akteure Geld durch sinkende Assets in allen Bereichen – andererseits werden für VW immer höhere Margincalls fällig.
Bei einem sprunghaften Anstieg der Aktie ist dieses Geld binnen Minuten fällig. Wenn das Konto dann eine Lücke aufweist, kommt es zur Zwangsexekution durch die Bank. Dann wird VW zu jedem Preis zurückgekauft. Folge: in dem leeren Markt springt die Aktie um zweistellige Prozentbeträge.
Dies ist nun besonders auffällig, da der Rest der Börsenwelt crasht. Und trotzdem passt es zusammen: Geld wird knapp, Margincalls können nicht bedient werden. Folge: Zwangseindeckungen.
Es soll allerdings auch einige smarte Player geben, welche das System VW auch ausnutzen. In Kenntnis um die Notlage vieler Shorties werden große Positionen plötzlich gekauft, um den Markt zu sqeezen. Das scheint immer noch zu gelingen, wie auch der heutige Tag wieder zeigt.
Auf der anderen Seite gibt es immer noch Gerüchte, dass große Player enorme Schieflagen ausgleichen müssen. Namentlich werden Ex-Lehman und Merrill Lynch genannt. Bewiesen ist jedoch nichts.
Auf jeden Fall scheint es Probleme bei der Wertpapier-Leihe zu geben. Deshalb müssen einige Zertifikateanbieter wohl jetzt auch die Rettungsleine ziehen, wie z.B. Goldman Sachs, die kurzerhand ein Open-End-Short Zertifikat vom Markt genommen haben.
Der Grund, warum Goldman Sachs nun sein Short-Produkt kündigte, lag nicht in den irrationalen Ausschlägen der Aktie, sondern nach Auskunft der Bank am Problem der Wertpapierleihe.
Da es sich um ein Rolling-Produkt handelt, bei dem der Emittent in kurzen Abständen immer wieder Papiere neu leihen muss, treten Schwierigkeiten auf, falls diese Leihe nicht mehr oder nur noch eingeschränkt möglich ist. Dies ist auch nach Angaben anderer Emittenten der Fall.
Somit bleiben der Bank, sofern sie zur Absicherung ihrer Position die Wertpapierleihe benötigt, was in der Regel der Fall ist, zwei Möglichkeiten: Entweder nimmt sie das Risiko bis die Wertpapierleihe wieder vollständig möglich ist, auf das eigene Buch, oder kündigt das Produkt. Goldman hat sich entschieden, die Papiere nicht mehr anzubieten und von seinem Kündigungsrecht Gebrauch zu machen.
Obwohl auch heute wieder Millionen VW-Aktien umgesetzt wurden, heißt es aus dem Handel, dass die Liquidität in VW generell eher gering ist. Der echte Free Flow könnte nur noch 5-7% betragen. Der Rest ist in den Händen von Porsche, Niedersachsen, Fonds, Privatanlegern – oder als Sicherheit für verkaufte Optionen hinterlegt.
Fest steht jedoch, dass die VW-Aktie eines Tages wie ein Stein zu Boden sinkt. Dann wird gar nicht mehr gehandelt, sondern nur noch nach unten taxiert. Nur: niemand kann voraussagen, wann das sein wird. Nur eines steht fest: Der Tag wird kommen.
Wichtig in diesem Zusammenhang: Wenn VW von 350 auf 30 Euro geht, dann kostet das den DAX etwa 300 Punkte. Deshalb sollte man bei Investments in DAX-Zertifikaten vorsichtig sein.