Der ZEIT-Herausgeber und ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt hat in
seinem ganzen Leben keine Trivialliteratur gelesen. „Nicht einmal zum Ein-
schlafen“, sagte Schmidt dem ZEITmagazin und fügte hinzu, dieses Verhalten
sei keine Frage der Konsequenz, „sondern eine Frage des Geschmacks – und
der Zeitökonomie“. Auch Unterhaltungsfilme sind nichts für den 89-Jährigen:
Von einem James-Bond-Film im Flugzeug beispielsweise habe er vielleicht „ei-
ne Viertelstunde“ gesehen. „Ansonsten habe ich auf Reisen immer Bücher oder
Aufsätze dabei, die ich eigentlich schon seit Langem lesen wollte“, sagte er.
Schmidt kommt angesichts der Ablehnung des Deutschen Fernsehpreises
durch den Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki sowieso zu keinem guten Urteil
über das TV: „Ich weiß nur, dass das meiste, was auf unseren Fernsehschir-
men geboten wird, so ist, dass ich es nach wenigen Minuten abschalte.“
Schmidt spricht allerdings nicht von einem Niveauverfall des Fernsehens: „Das
würde ich nicht tun, denn Verfall setzte ja voraus, dass es vorher ein höheres
Niveau gegeben hätte. Es gibt zwar immer noch das Bildungsfernsehen, aber
die Mehrheit der Fernsehkanäle liegt auf einem Niveau etwas unterhalb des
Großteils der Boulevardzeitungen.“ Als Kanzler habe er einmal empfohlen, „an
einem Tag in der Woche den Stecker rauszuziehen und nicht fernzusehen, son-
dern miteinander Mensch ärgere Dich nicht zu spielen oder Musik zu machen o-
der sich vorzulesen und sich über das Vorgelesene zu unterhalten. Das haben die
Fernsehleute mir damals sehr übel genommen.“