Griechische Mittelschicht schafft Geld außer Landes. „In Griechenland gibt es so gut wie kein privates Millionen-Vermögen mehr, das nicht zumindest zum Großteil längst ins Ausland verbracht worden wäre." - „Gezahlt wird meist in bar". - 31 Milliarden von griechischen Banken abgezogen.
Griechische Sparer bringen ihr Geld außer Landes. „In Griechenland gibt es so gut wie kein privates Millionen-Vermögen mehr, das nicht zumindest zum Großteil längst ins Ausland verbracht worden wäre. Was jetzt in Deutschland, Österreich, Australien und anderswo ankommt, ist das Geld der Mittelschicht“, sagte der renommierte Vermögensverwalter und Griechenland-Kenner Bert Flossbach der WirtschaftsWoche.
Weitere Recherchen des Magazins bestätigen den Trend. So besteht laut Peter Heinrich, Vorstandschef der zum Volksbankenverbund zählenden Münchner Bank, „seit Ende Mai eine erhöhte Nachfrage unserer griechischstämmigen Kunden nach Geldanlagen in unserem Kreditinstitut“.
Makler in London berichteten dem Magazin, dass das Interesse von reichen Griechen an Luxusimmobilien zugenommen habe. “Während sich bisher rund 20 Käufer im Quartal bei uns meldeten, sind es jetzt 40“, sagte Liam Bailey von der Maklerfirma Knight Frank. Begehrt seien Häuser in den Edelvierteln Chelsea, Kensington und Knightsbridge zu drei Millionen Pfund und mehr. „Gezahlt wird meist in bar – die Griechen nehmen keine Hypothek in Anspruch“, so Bailey.
Nach Schätzungen von Bankenkreisen betrug das Volumen der Kapitalflucht im Mai rund vier Milliarden Euro, doppelt so viel wie noch im April. Laut griechischer Notenbank gingen die privaten Geldeinlagen bei griechischen Banken von Januar 2010 bis April 2011 um gut 31 Milliarden Euro auf 165,5 Milliarden Euro zurück.
FDP-Finanzexperte Sänger: Zeit gewinnen, damit Scheitern Griechenlands verkraftbar wird
Die Euro-Zone soll den Zeitgewinn durch die Rettungspakete für Griechenland nutzen, um andere Eurostaaten immun gegen einen möglichen Staatsbankrott zu machen. Das fordert der FDP-Finanzexperte Björn Sänger im Interview mit der WirtschaftsWoche. "Wir müssen die Zeit nutzen, um diese heutigen Krisenländer so stark zu machen, dass sie einen Staatsbankrott Griechenlands überstehen, ohne selbst an den Kapitalmärkten in Gefahr zu geraten." Die Krisenländer Spanien, Irland und Portugal seien in den vergangenen Monaten bei der Konsolidierung bereits gut vorangekommen.
Schäden im westeuropäischen Bankensektor und auf den internationalen Finanzmärkten müssten vermieden werden. Im Zuge der Rettungspakete müsse "immer wieder geprüft werden, ob Europa reif ist, ein Ende mit Schrecken zu ertragen". Dann "hätte ein Staatsbankrott nur noch isolierte Folgen."
Dann könne Griechenland umschulden oder geordnet aus dem Euro ausscheiden, seine neue nationale Währung abwerten und später gesundet wiederkehren. "Ordnungspolitisch ist ein Ende mit Schrecken sicherlich besser als ein Schrecken ohne Ende. Als Politiker aber muss ich das Ausmaß des Schreckens beachten."
"Die Griechen müssen - mit unserer finanziellen, vor allen Dingen aber technischen Hilfe - beherzte Reformen anpacken, um den Turn-around vielleicht zu schaffen." Es sei zu hoffen, dass dies klappe. Bislang sei der griechische Patient "trotz schmerzhafter und bewundernswerter Reformen weit davon entfernt zu gesunden", sagte Sänger.