Börsen und Euro im Sturzflug. Gold auf Rekord. Verwirrung in Berlin, Brüssel und Rom. Zinsen für Italien-Anleihen explodieren. Spanien wackelt. Völlige Konzeptlosigkeit bei Politik und Banken. Ist der globale Flächenbrand der Schuldenkrise = Geldsystemkrise noch unter Kontrolle zu bringen? Was ist mit den USA?
Wirtschaftsminister Rösler sagt großen Ratingagenturen den Kampf an
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) will kleineren Ratingagenturen bessere Zutrittchancen zu den Finanzmärkten einräumen: "Wir brauchen mehr Wettbewerb, um den ausufernden Einfluss der drei großen Ratingagenturen auf das weltweite Finanzsystem einzudämmen", sagte Rösler dem Handelsblatt (Dienstagsausgabe).
Das bedeute, dass die Marktzutrittschancen für kleinere Ratingagenturen weiter verbessert werden müssten. "Außerdem sollten Marktteilnehmer die notwendige Sensibilität aufbringen und externe Ratings nicht einfach kritiklos übernehmen", sagte der Bundeswirtschaftsminister. Hier zähle Eigenverantwortung, indem eigene und transparente Risikoeinschätzungen vorgenommen würden.
FDP-Finanzexperte Wissing verteidigt Rating-Agenturen
S&P wehrt sich gegen Kritik
Die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) wehrt sich gegen Kritik aus der Politik, sie würde die Euro-Krise durch ihre Bonitätsbewertungen noch verschärfen: "Man sollte Ursache und Wirkung nicht verwechseln. Ratings funktionieren wie ein Fieberthermometer bei einem Grippekranken: Sie messen die Temperatur, beeinflussen diese aber nicht", sagte Torsten Hinrichs, Deutschland-Chef von S&P, der Tageszeitung "Die Welt" (Dienstagausgabe).
"Unsere Aufgabe ist es, den Märkten mit unseren Ratings eine unabhängige Meinung zur Bonität von Schuldnern anzubieten." Das habe wohl nicht jeder verstanden, sagte Hinrichs. Er reagiert damit auch auf EU-Justizkommissarin Viviane Reding, die die "Zerschlagung" der drei großen Ratingagenturen ins Spiel gebracht hatte. S&P-Chef Hinrichs warf Kritikern vor, die Arbeitsweise der Ratingagenturen nicht gut genug zu kennen: Es sei eben so, dass "auch eine gewisse Bereitschaft erforderlich ist, sich im Detail mit der Thematik zu befassen".
Commerzbank fordert Umschuldung Griechenlands
Der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank, Martin Blessing, hat sich für eine Umschuldung Griechenlands und einen Verzicht privater Gläubiger auf Rückzahlungs- und Zinsforderungen in Höhe von mehr als 50 Milliarden Euro ausgesprochen. In einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Dienstagsausgabe) schreibt Blessing, heute sei klar, "dass kein Schirm für die Rettung Spaniens oder gar Italiens je ausreichen würde". Außerdem werde es kein demokratisch durchsetzbares Sparpaket geben, dass es Griechenland ermögliche, in absehbarer Zeit an den Kapitalmarkt zurückzukehren und seine Schulden mit Zinsen zurückzuzahlen.
"Griechenland braucht eine Umschuldung bis zur teilweisen Entschuldung", schreibt Blessing weiter. Die Europäische Zentralbank (EZB) müsse deshalb ihre Ablehnung einer Umschuldung "überdenken". Den Gläubigern Griechenlands könne angeboten werden, ihre Bonds mit einem 30-Prozent-Abschlag in 30 Jahre laufende Papiere mit einem Zinssatz von 3,5 Prozent zu tauschen. Diese Papiere könnten mit einer gemeinschaftlichen Garantie der Euroländer versehen sind. "Die Gläubiger müssten dabei auf 30 Prozent ihrer Forderungen verzichten", schreibt Blessing weiter. Alternativ könnten Anleihen zu 100 Prozent in eine zinslose Neuanlage getauscht werden, die in fünf Jahren aus den Privatisierungserlösen zurückgezahlt werde. Hierbei würde die Eurogemeinschaft 80 Prozent der Rückzahlung garantieren, die ersten 20 Prozent eines möglichen Verlustes müssten von den Investoren getragen werden.
Merkel gegen neue EU-Rettungsmechanismen
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich gegen neue EU-Rettungsmechanismen ausgesprochen und Italien aufgefordert, zügig einen Sparhaushalt zu verabschieden. "Ich habe festes Vertrauen, dass Italien genau einen solchen Haushalt verabschieden wird", sagte sie am Montag in Berlin. Damit müsse das Land ein wichtiges Signal an die EU senden. Wie Merkel lehnt auch Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler es ab, wegen einer möglichen Gefährdung Italiens den Euro-Rettungsschirm auszuweiten.
"Die italienische Regierung hat ein ehrgeiziges Sparprogramm vorgelegt. Ich gehe fest davon aus, dass die italienische Regierung ihre Konsolidierungsziele umsetzen wird", sagte Rösler der Tageszeitung "Die Welt" (Dienstagausgabe). "Neue Rettungsmechanismen sind deshalb kein Thema." Italien sei auch nicht mit Griechenland vergleichbar. Denn anders als Griechenland hat "Italien eine große und weitgehend wettbewerbsfähige Volkswirtschaft", sagte der FDP-Parteichef weiter. Rösler reagierte damit auf Forderungen aus der Europäischen Zentralbank (EZB), den Euro-Rettungsmechanismus auf rund 1,5 Billionen Euro zu verdoppeln. Der Minister liegt mit seiner Position auch auf einer Linie mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU).
Handelsblatt: Die USA - die größte Volkswirtschaft der Welt - zahlungsunfähig, pleite? Noch weigern sich Experten, ein solches Horror-Szenario durchzuspielen. Doch während US-Präsident Barack Obama und führende Kongressmitglieder im Weißen Haus quasi nonstop um einen Kompromiss ringen, malen manche den Teufel an die Wand. Fest steht: Eine Staatspleite der „Weltmacht Nummer eins“ wäre ein historisches Novum - und wohl eine Bedrohung für die Konjunktur rund um den Globus.