Der Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) stellt ein Ermächtigungsgesetz zur faktischen Abschaffung weitreichender und grundlegender demokratischer Befugnisse der Euro-Länder dar. Der Euro wird damit endgültig ein Macht-, Herrschafts-, Umverteilungs- und Enteignungsinstrument.
von Joachim Steinhöfel
Der Entwurf für den Vertrag zur Einrichtung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), welcher heute das Kabinett durchgewinkt hat, ist öffentlich. Der Vertrag stellt ein Ermächtigungsgesetz zur faktischen Abschaffung weitreichender und grundlegender demokratischer Befugnisse der Euro-Länder dar, diesmal ein wenig subtiler eingefädelt und formuliert, als es im Falle des europäischen Verfassungsentwurfes des früheren französischen Präsidenten Giscard d’Estaing oder beim Vertrag von Lissabon der Fall war. Die Einrichtung (Politiker bevorzugen den Begriff „Fazilität“) soll auch als Bank agieren dürfen und mit hinterlegten Titeln dann auch von der EZB Geld leihen können. In Wahrheit ist das natürlich nichts anderes als die Umgehung des Staatsfinanzierungsverbots aus der Notenpresse. Augenscheinlich wurde dies nur noch nicht erkannt.
Der Euro wird endgültig ein Macht-, Herrschafts-, Umverteilungs- und Enteignungsinstrument.
Die als „Garantien“ getarnten illegalen Transferleistungen (Art. 125 EU-Verfassung) an andere Staaten gehen zu Lasten des Gestaltungsspielraums für die BRD und betreffen Ausgabenoptionen inklusive der Grundversorgungsaufgaben für Schulen, Infrastruktur, Soziales, Verteidigung unmittelbar. Erfolgreichen Nationen werden die Früchte ihrer Arbeit abgenommen und planwirtschaftlich in weniger leistungsfähige oder im faktischen Konkurs befindliche Länder umverteilt.
Dass in den sich schon jetzt wie Protektorate Brüssels gerierenden Ländern wie Griechenland und Irland durch die Geldschwemme Besserungen eintreten könnten, kann ausgeschlossen werden. Alle Anzeichen deuten auf das Gegenteil hin. Die Zahlungen/Garantien sind unwiderruflich verloren. Für die Bundesrepublik bedeutet dies Lasten, die fast die Höhe eines zweiten Bundeshaushaltes erreichen und in Kürze durchgreifende Auswirkungen auf die Bonität mit entsprechenden Folgen für die Zinslast haben werden.
Der ESM begründet wesentliche Einschränkungen unserer staatlichen Souveränität, die Budgethoheit des Parlaments ist beendet.
1. Das Grundkapital des ESM beträgt € 700.000.000.000,00 (Art. 8 Abs. 1). Gemäß Abs. 4 verpflichten sich die ESM-Mitglieder sich bedingungslos und unwiderruflich, ihre Einlage auf das Grundkapital zu leisten. Dem Wortlaut nach sind damit auch zukünftige Regierungen gebunden.
2. Nach Art. 10 Abs. 1 kann der „Gouverneursrat“ (man kann dies mit Zentralkomittee oder Oberstem Sowjet übersetzen) Änderungen des Grundkapitals beschliessen. Was nichts anderes heisst, als das über die € 700.000.000.000,00 hinaus „bedingungslos und unwiderruflich“ weitere Einlagen zu leisten wären, fiele ein solcher Beschluss. Die Frage, ob, wenn Erhöhungen zulässig sind, diese auch erfolgen werden, ist rein rhetorisch.
3. Damit nicht genug. Über das bereits enorme Grundkapital hinaus und über die weitere Möglichkeit, mit einfacher Mehrheit dessen Aufstockung zu beschliessen, ist der ESM gem. Art. 17 Abs. 1 ermächtigt, zur Erfüllung seiner Aufgaben auf den Kapitalmärkten Kredite von Banken, Finanzinstituten oder sonstigen Personen oder Einrichtungen aufzunehmen. Eine parlamentarische Kontrolle ist nicht vorgesehen. Denn die Modalitäten der Kreditaufnahmen werden lediglich vom Geschäftsführenden Direktor im Einklang mit den die Einzelheiten regelnden, vom Direktorium zu verabschiedenden Leitlinien bestimmt (Abs. 2).
4. Dass alles mit rechten Dingen zugeht, gewährleistet Art. 25 („Externe Rechnungsprüfung“). „Die Prüfung der Rechnungsführung des ESM erfolgt durch unabhängige externe Prüfer, die vom Gouverneursrat bestätigt werden.“ Eine gelungene Garantie für Unabhängigkeit, wenn der zu Prüfende ich seinen Prüfer selber aussuchen darf.
5. Durch die Immunitätsregeln (Art. 27 und 30) sind das Konstrukt ESM und dessen Organe jeglicher gerichtlicher und parlamentarischer Kontrolle vollständig entzogen.
„Der ESM, sein Eigentum, seine Finanzmittel und Vermögenswerte genießen unabhängig von ihrem Standort und Besitzer umfassende gerichtliche Immunität“.
“Das Eigentum, die Finanzmittel und Vermögenswerte des ESM sind unabhängig davon, wo und in wessen Besitz sie sich befinden, von Zugriff durch Durchsuchung, Beschlagnahme, Einziehung, Enteignung und jede andere Form der Inbesitznahme, Wegnahme oder Zwangsvollstreckung durch Regierungshandeln oder auf dem Gerichts-, Verwaltungs- oder Gesetzesweg befreit.”
“Die Archive des ESM und alle ihm gehörenden oder in seinem Besitz befindlichen
Dokumente im Allgemeinen sind unverletzlich.”“Die Räumlichkeiten des ESM sind unverletzlich.”
“Die Gouverneursratsmitglieder, stellvertretenden Gouverneursratsmitglieder, Direktoren, stellvertretenden Direktoren, der Geschäftsführende Direktor und das Personal genießen Immunität von der Gerichtsbarkeit hinsichtlich der in ihrer amtlichen Eigenschaft vorgenommenen Handlungen und Unverletzlichkeit in Bezug auf ihre amtlichen Schriftstücke…”.
Der ESM ist ein grob verfassungswidriges Konstrukt, das auf die Abschaffung grosser Teile unserer verfassungsmäßigen Ordnung und unserer freiheitlichen parlamentarischen Demokratie gerichtet ist. So muss es wohl auch sein, wenn denn die Einführung von quasi-planwirtschaftlichen Vorgaben (siehe Ziffer 3 der Präambel) eines der Kernziele des Vertrages ist:
„Die strenge Einhaltung des Rahmenwerks der Europäischen Union, der integrierten makroökonomischen Überwachung, insbesondere des Stabilitäts- und Wachstumspaktes….“
Der Gesetzentwurf spricht die Sprache der Panik, der Angst. Mehr: www.steinhoefel.de