Volkswirte wettern nach Italien-Abstufung gegen unfähige Euro-Krisenpolitik. „Es dauert leider viel zu lange, bis Regierungen den Ernst der Lage erkennen und dies angemessen durch Taten dokumentieren. Offenbar schreckt selbst das griechische Beispiel einige Regierungen nicht ausreichend ab.“
Auch der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, klagt über ein hilfloses Krisenmanagement, dessen Hilfsmaßnahmen verpuffen. So stiegen die Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen schon seit Mitte August, obwohl die Europäische Zentralbank (EZB) „aggressiv Staatsanleihen kauft und damit de facto Staatsausgaben mit der Notenpresse finanziert“, sagte Krämer Handelsblatt Online. Dies liege auch daran, dass die Märkte wüssten, dass viele Wähler in den Geberländern die Hilfspolitik der Staatengemeinschaft ablehnen. „Deshalb bezweifeln die Investoren die langfristige Glaubwürdigkeit der Garantien, die die Staatengemeinschaft zugunsten der Peripherieländer gegeben hat“, fügte der Volkswirt hinzu.
Nach Krämers Überzeugung werden diese Zweifel erst abnehmen, wenn die Peripherieländer ihre Haushaltsdefizite wie versprochen senken und ihre Volkswirtschaften wettbewerblich organisieren. „Dann würden die Wähler die Hilfen für die Peripherieländer eher als ein Investment akzeptieren, das die Währungsunion stabilisiert und insofern in ihrem Interesse liegt“, sagte er. Davon sei Europa allerdings noch weit entfernt. „Die Staatsschuldenkrise ist noch lange nicht vorüber."
Der Konjunkturexperte des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Jörg Hinze, sieht wegen der Italien-Krise auch Frankreich in Gefahr. Dass die französischen Banken dadurch wieder verstärkt ins Blickfeld gerieten, sei angesichts ihres hohen Engagements in italienische Anleihen die Folge der Herabstufung Roms. „Frankreich hat auch wegen der eigenen hohen laufenden Verschuldung und seines Leistungsbilanzdefizits nicht die besten Perspektiven“, sagte Hinze Handelsblatt Online.
Wie Krämer geht auch der HWWI-Experte davon aus, dass die Schuldenkrise noch lange andauern wird. „Angesichts des Umstands, dass die Währungsunion durch fortlaufende Missachtung der Maastrichtkriterien eine derartige Verschuldung schon vor der Finanzkrise zugelassen hat und der teils unterschiedlichen Interessen der einzelnen Länder ist eine Lösung der Schuldenprobleme nicht in Sicht“, sagte Hinze.