"Auch Ökonomen können irren" - Der Chef der EU- Taskforce glaubt an eine Erholung Griechenlands. „Das Troika-Drama, das wir jetzt erleben, darf sich nicht alle drei Monate wiederholen. Das muss reibungsloser ablaufen als dieses Mal. Die Griechen haben das hoffentlich verstanden, und ich will sie dabei unterstützen, ihre Hausaufgaben bis Dezember zu machen“.
Auch Stromkunden in Deutschland müssen damit rechnen, für den Aufbau einer Solarenergieproduktion in Griechenland zu Kasse gebeten zu werden. Das sagte der Chef der EU-Taskforce für Griechenland, Horst Reichenbach, dem Handelsblatt (Freitagausgabe): „Sonnenergie kann in Griechenland zwar kostengünstiger hergestellt werden als bei uns, ist momentan aber in der Tat noch nicht wettbewerbsfähig“. Mithin bedürfe sie einer Förderung. Deutsche und griechische Behörden loteten derzeit Möglichkeiten dazu aus. Das könnte eine Änderung des Erneuerbaren Energien Gesetzes erforderlich machen
Reichenbach will auch dafür sorgen, dass die Troika aus EU, EZB und IWF in Athen künftig auf weniger Probleme stoßen wird, wenn es darum geht, die Fortschritte bei der Schuldensenkung Griechenlands zu überprüfen. „Das Troika-Drama, das wir jetzt erleben, darf sich nicht alle drei Monate wiederholen. Das muss reibungsloser ablaufen als dieses Mal. Die Griechen haben das hoffentlich verstanden, und ich will sie dabei unterstützen, ihre Hausaufgaben bis Dezember zu machen“, betonte Reichenbach. „Wenn die Troika im Dezember nach Athen fährt, sollte alles soweit bereit sein, dass sie nur noch ihre Häkchen machen muss.“
Reichenbach rechnet damit, dass die Taskforce der EU mindest zwei bis drei Jahre in Griechenland tätig sein wird. Grundsätzlich ist er davon überzeugt, Griechenland wieder auf den Wachstumspfad zurückführen zu können. Wann das genau sein wird, könne zum jetzigen Zeitpunkt aber niemand seriös vorhersagen. Die Ansicht zahlreicher Ökonomen, Griechenland könne nur noch ein harter Schuldenschnitt helfen, teilt er nicht: „Auch Ökonomen können irren.“
Deutsche Unternehmen könnten bei der Genesung der griechischen Wirtschaft helfen, sagte der ehemalige Vizepräsident der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. „Der BDI hat eine Liste über die Investitionshemmnisse in Griechenland aus Sicht der deutschen Wirtschaft erstellt. Diese Liste werden wir gemeinsam mit den Griechen abarbeiten. Wenn griechische Behörden und Unternehmen zum Beispiel die Rechnungen deutscher Lieferanten wieder zuverlässig begleichen, würde das die Investitionsatmosphäre schon deutlich verbessern“, betonte Reichenbach.
Als besonderes Wachstumshemmnis in Griechenland gelten die Banken. Sie sind unterkapitalisiert und vergeben kaum mehr Kredite an Unternehmen. Hier könne die EU Abhilfe schaffen, so Reichenbach: „Zum einen wollen wir mit den Strukturfonds einen Teil der Kreditlücke füllen. Zum anderen wäre es sicher wünschenswert, die Banken selbst zu unterstützen – etwa mit Mitteln aus dem Euro-Rettungsfonds EFSF.“ Auch zur Unterstützung von Menschen, die ihre Jobs im Zuge der Entlassungen im öffentlichen Sektor verlieren, kündigte Reichenbach Hilfe aus dem europäischen Sozialfonds an
Forderung aus FDP und CSU, die Hilfen für Griechenland einzustellen, lehnt Reichenbach ab: „Einerseits müssen wir natürlich Druck auf Griechenland ausüben, damit die verabredeten Sparziele erreicht werden. Andererseits müssen wir das Land aber auch unterstützen. Der Grat dazwischen ist nur sehr schmal. Alle Spekulationen, die die Märkte noch mehr in Aufruhr versetzen, sind für eine positive Entwicklung eher hinderlich.“