Volkswirte verteidigen Trichets Krisenpolitik gegen Kritik. „Der scheidende EZB-Präsident hat das Richtige zur Rettung des Euro getan“, sagte der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, Handelsblatt Online. „Letztendlich kann nur die EZB die Währung retten.“
Solange die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone der Auffassung seien, kein Mitgliedsland der Währungsunion pleite gehen zu lassen, müsse die EZB zur Not dessen Anleihen auf dem Sekundärmarkt kaufen, sagte Horn weiter. Denn laut dem Maastrichter Vertrag sei die EZB verpflichtet, in Einklang mit den Grundsätzen der Wirtschaftspolitik zu handeln solange die Preisstabilität nicht gefährdet ist. „Dies war nicht der Fall; folglich hat der EZB-Präsident kein Tabu gebrochen, sondern sich schlicht pflichtgerecht verhalten“, betonte der IMK-Chef. Von seinem Nachfolger Dragi sei zu erwarten, dass er diese Politik fortsetzt.
Für den Chefvolkswirt der Dekabank, Ulrich Kater, wird Trichet als „wahrer Europäer“ an der Spitze der EZB in die Geschichtsbücher eingehen. „Allerdings haben europäisch gesinnte Geldpolitiker gegenwärtig einen schweren Stand in einem Europa, das eben politisch nicht geeint ist“, sagte Kater Handelsblatt Online. „Die europäischen Realitäten haben Trichet das Notenbankleben schwer gemacht, in dem er aber auch viele Erfolge verbuchen konnte, so um die Preisstabilität oder um die Bewältigung der Finanzkrise.“ Draghi werde einen „pragmatischen Krisenkurs“ steuern, ist sich Kater sicher. Er werde „die EZB dort ins Spiel bringen, wo sie Finanzstabilität erhalten muss, sie aber insgesamt so weit wie möglich von der Finanzpolitik fern halten“.
Auch der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, brach eine Lanze für die Krisenpolitik des EZB-Präsidenten Trichet. „Würde die EZB keine Anleihen der strauchelnden Peripherieländer aufkaufen, hätten die Finanzminister ihren Rettungsfonds schon längst in die Lage versetzt, diese Anleihen selbst zu kaufen“, sagte Krämer handelsblatt Online. „Es wird Drahgis Aufgabe sein, den Deutschen nach den Rücktritten von Weber und Stark wieder das Gefühl zu vermitteln, dass die EZB auch ihre Zentralbank ist.“