Erst wurden strauchelnde Banken gerettet, dann mussten strauchelnde Staaten gerettet werden. Was kurz als Finanzkrise bezeichnet wird, hat globale Ausmaße angenommen. Sie erschüttert die Finanzmärkte, erschüttert die Politik, erschüttert die Menschen. Und die EU-Währungsunion spannt gewaltige Geldschirme auf, weil es gelte, den Euro zu retten.
Eine Buchbesprechung von Klaus Peter Krause
Auch in weiten Kreisen der Bevölkerung ist inzwischen klargeworden, dass diese Krise mit der unverantwortlichen Überschuldung nahezu aller Staaten eng zusammenhängt und wie gefährlich es ist, die Überschuldung mit noch mehr Schulden zu bekämpfen und den Gläubigern, darunter vor allem den Banken, die Haftung für riskante Kreditvergabe abzunehmen und den Steuerzahlern jenes Risiko aufzubürden, das nicht sie, sondern andere eingegangen sind. Aber was die Überschuldung erst möglich gemacht hat, das weiß die Bevölkerung noch nicht. Die meisten Medien haben zu diesem letzten Teil der Aufklärung das Nötige bisher nicht beigetragen, nur Bücher haben es schon getan. Aber sie werden von zu wenigen gelesen, denn zu viele Menschen wissen nicht, dass es solche Bücher gibt, und wenn doch, dann haben sie keine Interesse daran oder scheuen vor dieser Expertenmaterie zurück, weil sie fürchten, sie nicht zu verstehen. Ein kleinformatiges, schmales Buch mag diese verständliche Hemmschwelle verringern.
Eine Krise des Geld- und Kreditsystems
Sein Autor Thorsten Polleit versteht es, in einladend kurz gehaltenen Beiträgen wesentliche Zusammenhänge verständlich und auf gut lesbare Weise zu erklären. Vor allem wird dabei deutlich, dass die Finanzkrise eine Krise des bestehenden Geld- und Kreditsystems ist, dass sie eine Überschuldung geradezu provoziert und ebendeswegen nicht die letzte sein wird, wie auch vorangegangene Finanzkrisen ihre tiefere Ursache im Geld- und Kreditsystem gehabt haben. Nur wollen das Politiker, die Staaten sowie die Akteure an den Finanzmärkten, darunter die Banken, und zu viele in der übrigen Wirtschaft nicht wahrhaben, weil es ihren Eigeninteressen zuwiderläuft.
Geldangebot monopolisiert, Zins manipuliert
Gegründet ist das System darauf, dass (erstens) der Staat das Geldangebot monopolisiert hat, dass (zweitens) die Zentralbanken allein bestimmen, wie viel Geld in Umlauf gebracht wird und dass (drittens) der Zins - also der Preis für Kredite - nach unten manipuliert wird und sich nicht frei am Markt bildet, wie es im Regelfall die Preise für Waren und Dienstleistungen tun. In diesem System – Polleit nennt es das Papiergeldsystem - wird Geld durch Kreditvergabe geschaffen (Buchgeld) und auf diese Weise (samt Notendruck und Münzprägung) die Geldmenge ausgeweitet, ohne dass entsprechende Ersparnisse dahinterstehen. Dieses Papiergeld ist durch nichts mehr gedeckt – anders als einst durch knappe Sachgüter wie Gold und Silber. Daher lässt es sich – unabhängig von der Gütermenge – beliebig vermehren, ermöglicht es Geldschöpfung aus dem Nichts. Die Folge: Die Geldmenge wächst stärker als die Gütermenge wachsen kann. Das Aufblähen der Geldmenge heißt Inflation und führt zu Preissteigerungen.
Die schlimmen Folgen
Polleit variiert diese Zusammenhänge und die schlimmen Folgen daraus in 32 Einzelbeiträgen, geschrieben zwischen 2005 und 2011. Viel liest man von der Inflationsgefahr, die von diesem reinen Papiergeld ausgeht, von den Gefahren niedriger Zinsen, von den Notenbanken, die Inflation herbeiführen, vom Krisenbarometer Gold, von der Aufzehrung des Kapitalstocks. Man erfährt, wie zutage tritt, ob Zentralbanken politisch unabhängig sind oder nicht, und bekommt erklärt, warum ein teilweiser Schuldenerlass besser ist, als die Verschuldung und damit die Geldmenge weiter in die Höhe zu treiben. Dabei stützt sich Polleit auf die Erkenntnisse der Österreichischen Schule der Nationalökonomie und ihres herausragenden Lehrers Ludwig von Mises (1881 -1973). Hierbei erfährt der Leser auch, worin die Gefahr besteht, dass die Denkweise des Positivismus-Empirismus auch in die Volkswirtschaftslehre und in die Geld- und Finanzpolitik vorgedrungen ist. Ebenso wird er vor den sprachlichen Euphemismen („Doublespeak“) gewarnt, die diese Politik beschönigen sollen und damit den eigentlichen Sinn verschleiern.
Wohl abermals bis zum bitteren Ende
Wie Polleit feststellt und gleichsam als Kernbotschaft vermittelt, haben sich die Volkswirtschaften mit dem Staatsgeldsystem auf einen Pfad eingelassen, auf dem sie mit immer mehr Kredit und Geld, bereitgestellt zu immer niedrigeren Zinsen, dem reinigendem Gewitter zu entkommen suchen, das diese Geldpolitik unausweichlich hat heraufziehen lassen. Das führt zu dem, was die Nationalökonomen der
Österreichischen Schule empfehlen, nämlich das staatliche Geldangebotsmonopol abzuschaffen und durch eine Privatisierung des Geldwesens zu ersetzen. Doch die herrschende Lehre der Ökonomik steht dem völlig entgegen, und der politische Widerstand zeigt sich als unüberwindbar. So wird sich denn wohl „der Fluch des Papiergeldes“ an den Staaten und ihren Menschen bis zu einem abermals bitteren Ende vollziehen. Polleit zitiert einen Ausspruch, der Voltaire zugeschrieben wird: Papiergeld kehre früher oder später zu seinem inneren Wert zurück – zu null.