Der Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff geht davon aus, dass die Notenbanken in Europa und den USA ihre Leitzinsen noch weiter in den Minusbereich drücken könnten als bisher.
"Viele Zentralbanker denken darüber nach", sagte er dem "Spiegel". "Sie reden nur nicht darüber, um Anleger nicht zu verunsichern."
In einer Welt der niedrigen Inflationsraten und Realzinsen müssten die Zentralbanken aber einen Weg finden, ihren Leitzins noch weiter in den negativen Bereich zu senken, sagte der US-Professor. "Es ist die einzige zukunftsträchtige Methode, um die Geldpolitik in diesen Zeiten wirksam zu halten."
Zugleich warnte Rogoff davor, im Falle schwerer Krisen zu viel von staatlichen Konjunktur- und Ausgabenprogrammen zu erwarten. "Finanzpolitik ist wichtig, aber sie ist politisch zu aufgeladen", sagte Rogoff. Sie könne deshalb kein Ersatz für Eingriffe der Zentralbanken sein.
"Es gibt keine Alternative zur Geldpolitik in Zeiten tiefer Konjunktur- oder Finanzkrisen", sagte Rogoff. Nach Einschätzung des US-Professors ist die Eurozone inzwischen zwar besser gegen Krisen gewappnet als früher.
Noch immer aber könne nicht garantiert werden, dass die Währungsunion eine weitere Finanzkrise wie im Jahr 2008 überstehen werde. "Mag sein, dass die politischen Führer Europas im Fall einer schweren Krise einen Ausweg finden", sagte er. "Die Chance aber, dass sie scheitern, liegt bei etwa 30 Prozent."
Foto: Skyline von Frankfurt / Main, über dts Nachrichtenagentur