Die Affäre um den RBB wird zum Faß ohne Boden für den Gebührenzahler: 31 Anwälte beschäftigt die ARD-Anstalt zur Aufarbeitung der "Krise". Kosten: mehr als 1,4 Millionen Euro. Experten: "Absurd und nicht nachvollziehbar". Veruntreuung von Beitragsgeldern?
Die Unregelmäßigkeiten beim RBB wird zur Goldgrube bei Rechtsanwälten - bezahlt von den Zwangsgebühren. Damit bahnt sich ein weiterer Skandal bei der ARD-Anstalt an. Mit der Aufarbeitung der sogenannten "RBB-Affäre" sind seit Sommer letzten Jahres 31 Rechtsanwälte beschäftigt - und die haben schon bis November über 1,4 Millionen Euro in Rechnung gestellt. Doch das ist erst der Anfang. Insider gehen davon aus, dass am Ende Millionen auf der Rechnung stehen.
Allein eine Kanzlei soll eine Million Euro für 20 Anwälte gefordert haben, berichtet der RBB selbst. Die meisten der Rechtsanwälte listen ihre Arbeit demnach minutiös auf, bei einem Stundensatz von 250 bis 500 Euro.
Dabei stand in einem von den Juristen erstellten Zwischenbericht vor dem Rundfunkrat im Oktober 2022 nach einem Vierteljahr Prüfung "nicht sehr viel mehr, als was zuvor in der Presse stand", berichtet der RBB weiter. Neben der Compliance-Untersuchung beschäftigten sich die Anwälte auch mit Arbeitsrecht, strafrechtlichen Fragen, und angeblich erbringen manche sogar Leistungen für die Generalstaatsanwaltschaft. Denn die ermittelt sei August gegen die ehemalige Intendantin und vier weitere Personen. Eine Strafrechtskanzlei rechnete in dieser Sache ab: "Durchsicht, Zusammenstellung und Übergabe der Unterlagen".
Allein an zehn Tagen im August geht es um "Korrespondenz (...) wegen Auskunft an die Generalstaatsanwaltschaft, Abstimmung sowie Planung (der) Besprechung mit der Generalstaatsanwaltschaft". Allein drei Anwaltskollegen beschäftigen sich an einem Tag acht Mal mit der "Abstimmung und Durchsicht zur Herausgabe von Beraterverträgen an die Generalstaatsanwaltschaft" - zum Stundensatz von 250 bis 300 Euro. Eine Aufgabe, für die nach Ansicht mancher Experten kein Anwalt nötig ist, weil die Staatsanwaltschaft generell keine illegalen Auskünfte einfordere.
"Absurd und nicht nachvollziehbar", meinen mehrere Rechtsexperten, die sich die Rechnungen anschauten. Zwei äußern sich öffentlich. Der Prodekan und Leiter der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität, Martin Heger, kann verstehen, dass sich der rbb punktuell Rechtsbeistand holt, zum Beispiel von Arbeitsrechtlern wegen der umstrittenen Dienstverträge. Aber 31 Anwälte - das sei eine Verschwendung von Rundfunkbeiträgen. Uwe Hellmann von der Universität Potsdam sagt: "Ich denke nicht, dass der Aufwand zu einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag steht, wenn man ein ganzes Heer von Anwälten beschäftigt für in der Sache eher überschaubare Vorwürfe."
Der Leiter der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität Heger meint sogar, man sollte hier möglicherweise den Straftatbestand der Veruntreuung von Beitragsgeldern prüfen.