Die FDP lehnt den Gesetzentwurf zur Bundesnotbremse ab. "Der Entwurf ist in der vorliegenden Fassung für die Fraktion der Freien Demokraten nicht zustimmungsfähig", schreibt FDP-Chef Christian Lindner in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn, über den die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben) berichten. "Wir haben im Gegensatz zur Bundesregierung Zweifel, ob dieses Gesetzgebungsvorhaben nicht doch der Zustimmung des Bundesrates bedarf."
Er kündigte Änderungsanträge an. Die Einführung einer nächtlichen Ausgangssperre bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 sei "ein unverhältnismäßiger und epidemiologisch unbegründeter Eingriff" in die Freiheit der Bürger, so Lindner. "Hierfür können Sie nicht die Zustimmung der Freien Demokraten erwarten." Er verwies darauf, dass mehrere Gerichte bereits Ausgangssperren aufgehoben hätten. Dem Entwurf fehle auch eine gesetzliche Klarstellung im Hinblick auf Geimpfte im Infektionsschutzgesetz, so Lindner. "Es gibt mittlerweile überzeugende wissenschaftliche Erkenntnisse, denen zufolge Personen mit vollem Impfschutz mit großer Wahrscheinlichkeit SARS-CoV-2 nicht mehr übertragen können." Deshalb dürften geimpfte Personen grundsätzlich nur mehr von jenen Schutzmaßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz betroffen sein, die zwingend erforderlich seien. "Begründete Ausnahmen sind nur bei leichten Freiheitseinschränkungen wie einer Maskenpflicht und Einhaltung der Abstandsregeln denkbar." Lindner nannte die Sieben-Tage-Inzidenz als alleinigen Maßstab für Schutzmaßnahmen ungeeignet. Die 100er-Inzidenz sei "ein politisch festgelegter und kein epidemiologisch begründeter Schwellenwert". Die Beurteilung der epidemischen Lage solle daher nicht nur auf Grundlage der Sieben-Tage-Inzidenz erfolgen, sondern zusätzlich weitere Kennzahlen einbeziehen, etwa die Einbeziehung der Testkapazitäten und den Anteil der Positivbefunde, die Belastung des Gesundheitswesens und den Impffortschritt. Lindner bemängelte auch, der Entwurf lasse Erkenntnisse und Erfahrungen aus über einem Jahr der Pandemiebekämpfung unberücksichtigt. "Beispielsweise gehen vom Einzelhandel bei den bestehenden Schutzmaßnahmen kaum Infektionsrisiken aus", schreibt er an Merkel und Spahn. "Noch immer setzt die Bundesregierung einseitig auf repressive Maßnahmen und lässt präventive Maßnahmen außer Acht." So findet eine Teststrategie im Entwurf außerhalb des Bildungswesens keine Berücksichtigung. Dabei sind testbasierte Öffnungskonzepte eine Perspektive, soziale und wirtschaftliche Schäden zu reduzieren.
Foto: Menschen mit Maske in einer Innenstadt, über dts Nachrichtenagentur