Das Europäische Parlament hat am Mittwoch die neue EU-Kommission ins Amt gewählt. Für die 26 Kommissare stimmten 370 Abgeordnete bei 282 Gegenstimmen und 36 Enthaltungen. Damit kann die Kommission am 1. Dezember ihre Arbeit aufnehmen. Nach den Personalvorschlägen durch die Mitgliedsstaaten hatten sich die Fraktionsspitzen der konservativen Europäische Volkspartei (EVP), der Sozialdemokraten (S&D/SPE) und der Liberalen (Renew/ALDE) auf das von der bereits wiedergewählten Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen (CDU/EVP) zusammengestellte Personaltableau geeinigt.
Unterstützung fand die neue Kommission nun auch in Teilen der Grünen-Fraktion. Die deutschen Sozialdemokraten verweigerten allerdings ihre Stimmen.
"Erstmals in der Geschichte der gemeinschaftlichen EU-Institutionen erhält ein Vertreter einer postfaschistischen Partei eine Führungsposition", begründete René Repasi, Vorsitzender der SPD-Europaabgeordneten, das Votum. "Dies war überhaupt nur möglich, weil die christdemokratische Kommissionspräsidentin den italienischen Kommissionsvorschlag Raffaele Fitto auf den herausgehobenen Posten eines Vizepräsidenten der Kommission befördert hat - und das, obwohl dessen Parteienfamilie ihre Wiederwahl abgelehnt hat."
Die italienische Regierung habe zwar das Vorschlagsrecht für einen Kommissar gehabt und Fitto nominiert. "Doch seine herausragende Stellung wäre vermeidbar gewesen, wenn sich die EVP an die pro-europäische Allianz der Mitte gehalten hätte, die nach den Europawahlen geschmiedet wurde und Ursula von der Leyen zu einer zweiten Amtszeit verhalf. Bedauerlicherweise wurde der Vertrauensvorschuss nicht eingelöst", so Repasi. "Indem sie in den letzten Monaten mehrfach Mehrheiten mit rechtsextremen Parteien gegen die pro-europäischen Fraktionen bildete oder zumindest billigend in Kauf nahm, hat die konservative Fraktion ihre Öffnung nach Rechtsaußen überdeutlich untermauert."
In ihrer Rede im Plenum des EU-Parlaments vor der Abstimmung hatte von der Leyen (CDU) für die neue Amtszeit einen Fokus auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit angekündigt. Die erste große Initiative werde ein "Kompass für Wettbewerbsfähigkeit" sein, sagte sie. "Der Wettbewerbskompass wird den Rahmen für die Arbeit der Kommission für den Rest der Amtszeit bilden."
Der "Wettbewerbskompass" soll auf den drei Säulen des Wettbewerbsberichts des ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten und Ex-Zentralbankchefs Mario Draghi aufbauen. "Erstens die Innovationslücke zu den Vereinigten Staaten und China schließen. Zweitens ein gemeinsamer Plan für Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit. Und drittens die Sicherheit vergrößern und Abhängigkeiten abbauen", zählte von der Leyen auf.
Das neue Personaltableau der Kommission sieht vor, dass Teresa Ribera Rodríguez (Spanien, SPE) "Vizepräsidentin für einen sauberen, gerechten und wettbewerbsfähigen Übergang" werden soll. Henna Virkkunen (Finnland, EVP) übernimmt voraussichtlich das Portfolio als "Exekutiv-Vizepräsidentin für technische Souveränität, Sicherheit und Demokratie". Stéphane Séjourné (Frankreich, ALDE) soll das Amt als "Exekutiv-Vizepräsident für Wohlstand und Industriestrategie" erhalten. Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsidentin der Europäischen Kommission soll Kaja Kallas (Estland, ALDE) werden. Roxana Minzatu (Rumänien, SPE) soll sich als Exekutiv-Vizepräsidentin um "Menschen, Kompetenzen und Vorsorge" kümmern. Raffaele Fitto (Italien, EKR) soll Exekutiv-Vizepräsident für Kohäsionspolitik und Reformen werden.
Ihnen will von der Leyen die übrigen Kommissare unterordnen: Maros Sefcovic (Slovakei, SPE-nah), Valdis Dombrovskis (Lettland, EVP), Dubravka Suica (Kroatien, EVP), Olivér Várhelyi (Ungarn, PfE-nah), Wopke Hoekstra (Niederlande, EVP), Andrius Kubilius (Litauen, EVP), Marta Kos (Slovenien, Renew), Jozef Síkela (Tschechien, EVP), Costas Kadis (Zypern, EVP), Maria Luís Albuquerque (Portugal, EVP), Hadja Lahbib (Belgien, ALDE), Magnus Brunner (Österreich, EVP), Jessika Roswall (Schweden, EVP), Piotr Serafin (Polen, EVP), Dan Jorgensen (Dänemark, SPE), Ekaterina Zaharieva (Bulgarien, EVP), Michael McGrath (Irland, ALDE), Apostolos Tzitzikostas (Griechenland, EVP), Christophe Hansen (Luxemburg, EVP) und Glenn Micallef (Malta, SPE).
Foto: EU-Parlament in Straßburg (Archiv), über dts Nachrichtenagentur