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Bitcoin: Inverser Kollaps

Das Bitcoin-Gesamtbild bleibt bullish. Die seit 2018 laufende Konsolidierung scheint in eine Aufwärtsbewegung übergehen zu wollen, die durchaus dynamisch ausfallen könnte.

 

Robert Shiller – Bitcoin wird „kollabieren”
Manager-Magazin 23.01.2018, 14.05 Uhr

 

von Robert Rethfeld

Ganz unrecht hatte Nobelpreisträger Shiller zunächst nicht. Damals krachte die Bitcoin-Blase zusammen, der Preis kam von 19.000 Dollar herunter. Am 23.01.2018 (dem Zeitpunkt seiner Formulierung) notierte Bitcoin bei 10.700 Dollar. Der Preis fiel weiter und erreichte Mitte Dezember 2018 mit 3.200 US-Dollar sein Verlaufstief. Danach aber begann eine Erholung, in deren Verlauf der Preis über den Wert vom 23.01.2018 stieg – auf jetzt 11.700 US-Dollar.

Der Handel mit Bitcoin-Futures an der führenden US-Futures-Börse CME erlebt seit Ende März 2020 einen rasanten Aufschwung. Im Zuge der Zinssenkungs- und Liquiditätsmaßnahmen stieg das Open Interest (Anzahl der offenen Kontrakte) zuletzt auf 14.454 Kontrakte an. Dies entspricht einer Vervierfachung des Interesses. Niedrige Zinsen im Zuge der Corona-Krise treiben Anlageformen wie Gold oder Bitcoin.

Im März 2020 wurden lediglich 3.300 offene Kontrakte im Bitcoin-Futureshandel an der CME gelistet. Offene Futures-Kontrakte sind Positionen, die noch nicht glattgestellt wurden. An den Futures-Märkten steht einem Long-Kontrakt zwangsläufig ein Short-Kontrakt gegenüber. Der CME-Futures-Handel mit Bitcoin erfordert kein Wallet, Bitcoins wechseln nicht den Besitzer. Es ist eine Dollar-Wette auf steigende oder fallende Bitcoin-Kurse.

Die CME (Chicago Mercantile Exchange) ist zwar der bekannteste, aber nicht der einzige Futures-Markt für Bitcoin. Er ist auch nicht der bedeutsamste. Die Datenanalyse-Firma SKEW listet 11 weitere Plattformen auf. Die beiden größten (OKEx und BitMEX) übertreffen jeweils das Open Interest der CME. Das aggregierte Open Bitcoin-Futures-Open-Interest beläuft sich auf etwa 5 Mrd. US-Dollar. Davon entfallen auf die CME etwa 730 Mio. US-Dollar (etwa 15 Prozent des Open Interest).

Im Gegensatz zur CME ist der Futures-Handel an den Bitcoin-Börsen kleinteilig organisiert. Beispielsweise veranschlagt die OKEx das Minimum (1 Kontrakt) mit einem Wert von einem Hundertstel Bitcoin/Dollar, derzeit 11.800/100=118 US-Dollar. Das bedeutet Futures-Handel für alle, die das möchten. Das Settlement kann entweder im Stablecoin Tether (USDT, praktisch gleich 1 US-Dollar) erfolgen oder auch in Bitcoin. Der Gewinn aus dem Kontrakt kann in Bitcoin geliefert werden bzw. der Verlust kann in Bitcoin bezahlt werden, anders als an der CME. Im übertragenen Sinne wird das Fass Öl tatsächlich geliefert.

Über den Bitcoin-Handel an der CME wissen wir aufgrund der CoT-Daten, dass der CME-Futures-Long-Handel von den Kleinspekulanten (Non-Reportable Positions) getrieben wird. Die Großspekulanten halten Gegenpositionen.

Die Beschreibung Kleinspekulanten ist allerdings irreführend, wenn man bedenkt, dass das Minimum von einem Kontrakt an der CME für knapp 60.000 US-Dollar (5xmal Bitcoin-Preis) gehandelt wird.

Die Anzahl der Trader mit offenen Positionen wird nur für die reportpflichtigen Marktteil-nehmer (d.h. für Großspekulanten und Commercials) ausgewiesen. 363 Trader halten beispielsweise offene Positionen in den Gold-Futures (18. August), 403 im Future auf 10-jährige US-Anleihen. Im Bitcoin-Future sind 94 Trader involviert. In der Vor-Corona-Zeit engagierten sich durchschnittlich dort etwa 40 Trader. Diverse Hedge-Fonds und auch Öl-Trader hatten in den vergangenen Monaten angekündigt, sich im Bitcoin-Futures-Markt engagieren zu wollen. Sie machen dies offenbar wahr. Hinzu kommt eine unbekannte Anzahl Kleinspekulanten (Non-Reportables). Die Grenzen zwischen Non-Reportables (Kleinspekulanten) und Reportables (Großspekulanten und Commercials) werden pro Future von der CFTC jeweils individuell festgelegt.

Anders als im Goldmarkt, wo Betreiber vom Goldminen Preissicherungsgeschäfte durchführen und damit als Commericals gelten, existierten Commercials im Bitcoin-Futures-Markt praktisch nicht. Interessanterweise werden seit vier Wochen erstmals zwei Trader von der CFTC als Commericals eingestuft. Sie sind aktuell ausschließlich auf der Long-Seite engagiert. Es müssten Bitcoin-Mining-Unternehmen sein, die groß genug sind, um die Grenze zur Reportpflichtigkeit zu überschreiten.

Die beiden größten Bitcoin-Futures-Börsen, deren Open Interest dasjenige der CME übersteigt, sind unregulierte Plattformen: Die OKEx (Sitz Malta) und die BitMEX (Sitz Seychellen). Wir gehen davon aus, dass das Umfeld der Wallstreet („Big US-Money“) eher im geregelten CME-Markt als an den alternativen Futures Börsen unterwegs ist und dort ihre Positionen sukzessive ausbauen wird. Auch könnte die CME nachziehen, indem sie beispielsweise einen Future auf Ethereum auflegt. Der Ethereum-Futures-Handel ist an den alternativen Handelsplätzen schon länger möglich.

Bitcoin verfügt über eine positive Korrelation zum Euro/Dollar und damit über eine negative Korrelation zum US-Dollar.

Als Faustregel kann gelten: Je schwächer der der US-Dollar, desto stärker die Kryptowährungen. Liquidität und die Suche nach alternativen Anlageformen in einem Niedrigzinsumfeld dürfte die Kryptowährungen beflügeln.

Das Bitcoin-Gesamtbild bleibt bullish. Die seit 2018 laufende Konsolidierung scheint in eine Aufwärtsbewegung übergehen zu wollen, die durchaus dynamisch ausfallen könnte. Bitcoin hat in der Vergangenheit die Wegstrecken zwischen zwei 10er-Potenzen jeweils innerhalb von Monaten zurückgelegt.

Die Preisanstiegspause und die geringere mediale Aufmerksamkeit sind zum Ausbau von Technologien genutzt worden. Auch verfolgen die Zentralbanken weiterhin die Idee eines digitalen US-Dollar oder eines digitalen Euro (CBDC-Central Bank Digital Currency).

Sollte Bitcoin einen neuen Anlauf nehmen, die nächste Stufe zu erreichen, dann käme die Marke von 100.000 Dollar als Ziel in Frage.

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