Das Kanzleramt hat sich Anfang September 2019 für den mittlerweile insolventen Skandalkonzern Wirecard und seinen damals geplanten Markteintritt in China eingesetzt.
Dies bestätigte das Kanzleramt auf Nachfragen des SPIEGEL. Demnach sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel am 3. September 2019 mit dem früheren Wirtschaftsminister- und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg über die Pläne Wirecards, auch auf dem chinesischen Markt Fuß zu fassen. Guttenberg beriet den Dax-Konzern bei dessen Expansion nach China mit seiner Firma Spitzberg Partners als "Market Entry Advisor".
Am gleichen Tag, an dem Guttenberg persönlich bei der Kanzlerin für Wirecard geworben hatte, schickte er auch eine E-Mail an Lars-Hendrik Röller, den Leiter der Abteilung für Wirtschafts-, Finanz- und Energiepolitik des Kanzleramtes und den Persönlichen Beauftragten Merkels für die G7- und G20-Gipfel.
In dieser Mail unterrichtete Guttenberg den Merkel-Vertrauten über den "beabsichtigten Markteintritt von Wirecard in China unter Beifügung eines Kurzsachstandes", wie eine Regierungssprecherin dem SPIEGEL bestätigte.
Guttenberg bat Röller demnach auch um "Flankierung im Rahmen der China-Reise" Merkels am 6. und 7. September 2019. Nach der Rückkehr der Bundeskanzlerin und ihrer Delegation aus China antwortete Röller dem Wirecard-Lobbyisten Guttenberg am 8. September per Mail, "dass das Thema bei dem Besuch in China zur Sprache gekommen und weitere Flankierung zugesagt" sei.
Knapp zwei Monate später, am 5. November 2019, gab der Dax-Konzern Wirecard bekannt, dass er Anteile an der chinesischen Firma AllScore Payment Services erwerben werde. Das Unternehmen aus Peking ist skandalumwittert, allein 2020 musste es in China eine Rekordstrafe wegen Verflechtungen in die Glücksspielbranche zahlen. Wirecard gab zuletzt bekannt, dass in seiner Jahresbilanz 1,9 Milliarden Euro fehlen und das Geld vermutlich gar nicht existierte. Die Staatsanwaltschaft München ermittelt, der frühere Wirecard-Manager Jan Marsalek ist offenbar flüchtig, Ex-Vorstandschef Markus Braun wurde verhaftet und nur gegen eine hohe Kaution freigelassen.