Immer wenn man glaubt, an der Börse schon alles erlebt zu haben, kommt garantiert etwas nie dagewesenes um die Ecke. So gesehen in den letzten Wochen bei vielen Aktiengesellschaften, die eigentlich Pleite sind und daher von den Hedge Fonds- Profis in großem Stil leerverkauft wurden.
Berühmtheit erlangte die Aktie von Gamestop (USA: GME), die in den letzten Tagen um hunderte Prozent explodierte und gestern mit einem Plus von 92% bei 147,98 USD aus dem Handel ging, um nachbörslich um weitere 50% auf 220 USD zu explodieren. Heute steht die Aktie vorbörslich gar bei knapp 300 USD. Jetzt ist alles möglich. Vor dem Kollaps könnte die Aktie auch auf 1000 springen.
Dieser explosive Anstieg wurde durch „Verabredungen“ von Zockern auf Onlineplattformen wie Reddit initiiert, um bewusst große Hedge Fonds, die Short in der Aktien waren, zum Eindecken zu zwingen. Der dadurch ausgelöste „Short Squeeze“ lies die nahe der Insolvenz stehenden Kaufhauskette (die Videospiele verkauft) auf einen Börsenwert von über 10 Milliarden USD ansteigen. Das Jahrestief lag bei 2,57 USD.
Diese Exzesse sind unserer Meinung nach ein weiteres Puzzleteilchen in der Rubrik „Warnsignale für die Märkte“. Wir hatten in den letzten Wochen bereits ausführlich über gewisse Parallelen zur Internet- und Neuer Markt-Bubble im Jahr 2000 bemüht. Und diese völlig irrationalen Exzesse reihen sich zweifelsohne in diese Kategorie ein.
Es ist nicht so, dass wir Mitleid mit den betroffenen Hedge Fonds wie Melville haben (die von diesem Shortsqueeze in Gemestop „zerrissen“ und gerettet werden mussten), aber die Tatsache, dass fundamentale Gegebenheiten inzwischen nicht mehr zu zählen scheinen, lässt vermuten, in welchem Stadium der Hausse wir uns inzwischen befinden. Börsen-Altmeister Andre Kostolany sagte einmal sinngemäß: Wenn die dümmsten Anleger das meiste Geld verdienen, sollte man bezüglich der Beschaffenheit des Marktes Vorsicht walten lassen.
Trotzdem kann die Party auch noch eine ganze Zeit weiterlaufen. Die Argumente für den „Crack-Up-Boom“ sind monetär untermauert. Joe Biden will zunächst das 2 Billionen schwere Corona-Hilfspaket durchboxen, bevor mit dem „New Green Deal“ für weitere 2 Billionen USD die US-Wirtschaft von Grund auf umgebaut werden soll.
In Deutschland steht nach einem bemerkenswerten Handelsblatt-Beitrag von Kanzleramtsminister Helge Braun die verfassungsgemäße Schuldenbremse plötzlich zur Diskussion. Auch wenn sich Teile der Union nun brüskiert zeigen, prophezeien wir schon jetzt, dass diese fallen wird! Warum?
Es macht einfach keinen Sinn, wenn Deutschland alleine in Zukunft einen soliden Haushalt innerhalb der Eurozone besitzt, während Italien oder Spanien (und Frankreich) munter ihre Haushalte mit Schulden finanzieren. Während die dortigen Renten auf zum Teil höheren Niveau liegen wie hierzulande, würde ein Festhalten an der Deutschen „Solidität“ langfristig Sprengstoff für die Eurozone bedeuten.
Oder wollen Sie künftig höhere Steuern in Deutschland zahlen, um damit die Wahlversprechen südeuropäischer Politiker zu finanzieren? Wer für das Festhalten an der Schuldenbremse ist, wird genau dies erhalten!
Im Umkehrschluss würde dies natürlich eine weitere „Lirarisierung“ des Euro bedeuten, welche die Flucht in Sachwerte weiter begünstigt (auch die „Crack-Up-Boom-Theorie“, von der wir schon nach Lehman 2008 berichteten, wo nun aber die Voraussetzungen noch deutlicher vorhanden sind). Weiter steigende Assetpreise sind unter diesem Mix, der hier auf uns zurollt, beinahe unvermeidlich, auch wenn kurzfristig die oben genannten Exzesse an der Wall Street ein klares Warnsignal darstellen. Kurzum: Wir hätten nichts gegen einen nahen Einbruch der Aktienmärkte um 15-20%, um dann erneut in ausgewählte Aktien zu investieren.