Das Münchner Oberlandesgericht (OLG) hat der Staatsanwaltschaft in der bayerischen Landeshauptstadt eine Frist gesetzt, innerhalb der sie Anklage gegen Markus Braun erheben soll – der Ex-Chef des Skandalkonzerns Wirecard sitzt seit rund anderthalb Jahren in Untersuchungshaft.
Der zweite Strafsenat des OLG gehe davon aus, dass die Ermittler »bis Ende Februar, spätestens bis zum nächsten Termin zur Haftprüfung in drei Monaten« Anklage erheben werden, heißt es in einem Beschluss des Gerichts von vergangener Woche, in dem das OLG Brauns Antrag auf Haftaussetzung wegen Verdunkelungsgefahr und »mangels Vertrauensgrundlage« ablehnt.
Damit rückt der Prozessauftakt gegen Braun näher. Das Verfahren dürfte eines der spektakulärsten der deutschen Wirtschaftsgeschichte werden. Wirecard war Mitte 2020 zusammengebrochen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Braun, seinen Co-Vorstand Jan Marsalek und mehr als 20 weitere Beschuldigte. Sie sollen Bilanzen gefälscht, Milliarden Euro veruntreut, die Märkte manipuliert und Geld gewaschen haben. Bis auf einen Kronzeugen bestreiten alle die Vorwürfe.
Die Richter räumen ein, dass der Fall komplex sei. Andererseits sei bei der Abwägung zwischen den Sorgfaltsansprüchen an eine Anklageschrift und der Verfahrensbeschleunigung »im Zweifel zugunsten der Beschleunigung zu entscheiden«, heißt es im Beschluss. Braun wird nach Ablehnung seines Antrags das zweite Weihnachtsfest in Folge hinter den Gittern der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen verbringen.
Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte auf Anfrage: »Wir versuchen, die Anklage so rasch wie möglich zu erheben. Dies könnte im ersten Quartal 2022 der Fall sein.« Brauns Anwalt Alfred Dierlamm erklärte, »für das Vertrauen in die Justiz wäre es schlimm, wenn das Verfahren vor die Wand gefahren würde«. Die Staatsanwaltschaft müsse »endlich entschlossen nachspüren«, wo die verschwundenen Wirecard-Milliarden steckten. Auch Braun als Wirecards ehemaliger Hauptaktionär sei geschädigt von »der hinter seinem Rücken aufgebauten Schattenstruktur, von der er nichts wusste und von der er auch nicht profitiert hat«, so Dierlamm.