Die Staatsanwaltschaft München I hat Anklage gegen den langjährigen Wirecard-Vorstandsvorsitzenden Markus Braun erhoben. Auf 480 Seiten beschuldigen die Ermittler ihn des bandenmäßigen Betrugs, der Veruntreuung von Konzernvermögen, der Bilanzfälschung sowie der Marktmanipulation.
Mit Braun auf die Anklagebank sollen auch der ehemalige Statthalter des Konzerns in Dubai, Oliver Bellenhaus, sowie der frühere Chefbuchhalter und Vize-Finanzvorstand Stephan von Erffa. Dies erfuhr das Handelsblatt aus informierten Kreisen. Die Staatsanwaltschaft sowie die Anwälte der Angeschuldigten reagierten auf Nachfragen bisher nicht.
Im Juni 2020 hatte sich offenbart, dass beim Aschheimer Zahlungsdienstleister Wirecard ein Viertel der Bilanzsumme, 1,9 Milliarden Euro, nicht existierten. Wenige Tage später musste der damalige Dax-Konzern, der mit einem Börsenwert von 24 Milliarden Euro zwischenzeitlich das wertvollste deutsche Finanzunternehmen war, Insolvenz anmelden.
Als einer der Hauptverantwortlichen für den milliardenschweren Betrugsskandal gilt seither der ehemalige Asienvorstand Jan Marsalek. Er tauchte allerdings im Juni 2020 ab und ist seither auf der Flucht.
Kurz darauf stellte sich Oliver Bellenhaus der Staatsanwaltschaft als Kronzeuge zur Verfügung. Der Manager, der seit Anfang Juli 2020 in Untersuchungshaft sitzt, war zuvor Geschäftsführer der Wirecard-Tochter CardSystems Middle East. Sie spielte eine zentrale Rolle im Asiengeschäft von Wirecard, das wiederum im Mittelpunkt des mutmaßlichen Bilanzbetrugs steht. Bellenhaus gestand unter anderem ein, über Jahre hinweg Zahlen gefälscht zu haben und Millionenbeträge abgezweigt zu haben. Darüber hinaus belastete er zahlreiche weitere Manager schwer. Aufgrund seiner Aussagen kamen am 22. Juli 2020 auch Braun und von Erffa in Untersuchungshaft. Braun sitzt bis heute ein, von Erffa kam im Sommer 2021 gegen Auflagen auf freien Fuß. Beide weisen sämtliche Vorwürfe zurück.