Lieber Investor,
der natürliche Wunsch, sich gegen die Wechselfälle des Lebens abzusichern, hat zu einer Vollkaskomentalität geführt, die in der Frage der Behandlung notleidender Kredite inzwischen weit über das Ziel hinausgeschossen ist. Man kann sich gegen vieles absichern, nicht jedoch gegen das Scheitern an sich.
Man hat die Lösung des Problems bewusst auf die Zukunft vertagt
Zu scheitern bedeutet nicht nur eine persönliche Niederlage, die möglicherweise auch mit einem großen Gesichtsverlust verbunden ist. In jedem Scheitern steckt auch die Möglichkeit, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen. Diese Möglichkeit wird den Menschen genommen, wenn aus falscher Rücksichtnahme das Scheitern an sich verhindert werden soll.
In Japan war es das in der Kultur des Landes tief verankerte Bedürfnis nach Harmonie und Gesichtswahrung, das 1989/90 nach dem Platzen der japanischen Aktien- und Immobilienblase verhindert hat, dass sich die Situation wieder normalisieren konnte. Zwar sind die Aktienkurse und die Immobilienpreise wieder auf ein normales Maß zurückgekommen, die notwendigen Konkurse wurden aber mit Blick auf die Reputation des Schuldners bewusst verhindert.
Man hat die Lösung des Problems bewusst auf die Zukunft vertagt und hat es dadurch im Grunde bis heute nicht wirklich gelöst. Die Folge sind 25 verlorene Jahre. Sie sind gekennzeichnet durch eine expansive Geldpolitik und ein Wachstum, das wie das Produktivitätswachstum praktisch an der Nulllinie festgefroren ist. Warum dies so ist und warum sich an diesem traurigen Zustand auch nach 25 Jahren noch nicht viel geändert hat, diese Frage stellen sich nur die wenigsten Anleger.
Ein Beitrag von Dr. Bernd Heim.