Trotz der Niedrigzinsen ist die Zahl der Privatiers in Deutschland stark gestiegen. Das zeigt eine Sonderauswertung, die das Statistische Bundesamt für das "Handelsblatt" (Montagsausgabe) vornahm. Im Vorjahr finanzierten demnach 627.000 Menschen ihren Lebensunterhalt überwiegend aus eigenem Vermögen.
Das waren 68,5 Prozent mehr als im Jahr 2000, als es 372.000 Privatiers gab. Auch 2010 hatte es mit 415.000 deutlich weniger Menschen gegeben, die von ihrem Vermögen leben. Als Privatier gilt, wer seinen Lebensunterhalt "überwiegend" aus eigenem Vermögen bestreitet, also etwa aus Ersparnissen, Zinsen, Mieteinkünften oder Verpachtung. 6.000 der Privatiers in Deutschland sind noch unter 18 Jahren. Für den kommissarischen SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel belegt die Entwicklung, wie sehr eine Vermögensteuer geboten ist: "Die Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass immer mehr Menschen überwiegend von ihrem Vermögen leben können. In Städten und Kommunen fehlen Investitionen im Rekordwert von 159 Milliarden Euro für Schulen, Wohnungen und vieles mehr", sagte Schäfer-Gümbel der Zeitung. "Es ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, dass sehr hohe Vermögen für die Finanzierung des Gemeinwesens stärker beitragen. Es ist auch eine Frage des gesellschaftlichen Erfolgs." Die SPD hatte vergangene Woche Eckpunkte für eine Wiederbelebung der Vermögensteuer vorgestellt. Auch der DGB sieht seine Forderung nach einer Vermögensteuer bestätigt: "Die Zahl zeigt, wie ungerecht es in Deutschland zugeht und wie renditeträchtig Vermögen nach wie vor ist, wie viel Spielraum es also für die Einführung einer Vermögenssteuer gibt", sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell dem "Handelsblatt".
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