Lang hat es gedauert bis die Novellierung des Glücksspiel-Staatsvertrags Anfang des Jahres beschlossen wurde.
Laut einer Mitteilung in der Tagesschau sieht der neue Vertrag vor, künftig Online-Casinos, Online-Automatenspiele und Online-Poker zu erlauben – und zwar nicht nur mit einer Krückenlösung in puncto Lizenz, sondern mit einer waschechten, gültigen deutschen Lizenz. Um eine solch begehrte Lizenz zu erhalten, müssen die Betreiber des Online-Casinos strenge Regeln einhalten. Doch kann der Zeitplan, der vorsieht, dass der neue Vertrag ab Mitte 2021 gilt, trotz der Corona-Krise umgesetzt werden oder haben gar die Regierenden mit der Pandemie alle Hände voll zu tun? Einer Studie zufolge soll das Ende der Pandemie in Deutschland spätestens am 7. August eintreffen, dann hätte die Politik noch eine Weile Zeit, um den Glücksspielstaatsvertrag zu finalisieren.
So ist der aktuelle Status Quo zum Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrags
Aktuell sieht es so aus: Das 70-seitige Pamphlet, das den sperrigen Namen „Glücksspielneuregulierungsstaatsvertrag“ trägt, liegt seit Anfang des Jahres in der endgültigen Variante vor. Fakt ist, dass die Bundesländer und die Verantwortlichen dort dieses Gesetzeswerk bereits abgesegnet haben. In der nächsten Instanz müssen nun die Ministerpräsidenten zustimmen. Das Go der Chefs der Bundesländer lag am 12. März vor, damit haben nun die Landesparlamente den Auftrag, den Vertrag in eine Gesetzesform zu gießen, die ab Mitte 2021 gültig sein wird.
Zwar sehen die Vorzeichen gut aus, dass die Neuregulierung unter diesen und weiteren Vorgaben erfolgen könnte, allerdings ist unklar, ob und wann die Landesparlamente den Vertrag final ratifizieren können. Bekannt wurde bereits, dass sich die Betreiber, die eine deutsche Lizenz möchten, an diese Regeln und Vorgaben halten müssen:
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Die Betreiber der Casinos müssen eine Sperrdatei bereitstellen, die seitens der nationalen Aufsichtsbehörde verwahrt wird und im Zweifelsfall überprüft werden kann. Das bedeutet in der Praxis, dass die Betreiber dazu verpflichtet sind, die angeforderten Daten auf Rückfrage herauszugeben.
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Weitergegeben werden müssen (auf Anfrage der Aufsichtsbehörde) Daten über die Spielverläufe (um Manipulationen aufdecken zu können) sowie darüber, ob auch alle Regularien des neuen Glücksspielvertrags eingehalten werden.
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Darüber hinaus haben die Betreiber die Pflicht, ein Spielerkonto für jeden aktiven Zocker zu führen. Diese müssen so programmiert sein, dass sich automatisiert ein problematisches Glücksspielverhalten erkennen lässt bzw. systemisch gemeldet wird.
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Neu geregelt werden im Zuge des Staatsvertrags auch die Vorgaben, die die Werbung für das Online-Glücksspiel betreffen, allerdings sind dafür die detaillierten (und unterschiedlichen) Regelungen zu beachten, die für Live-, Ereignis- oder Sportwetten gelten.
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Sportwetten könnten per se eine Sonderrolle einnehmen, denn hier gelten mitunter auch besondere Regeln: Bei mehreren Buchmachern parallel zu zocken, sei künftig verboten. Auch Under-/Over-Wetten könnten untersagt werden. Werbung darf nur nach 23 Uhr und bis 6 Uhr erfolgen.
„Aufschieberitis“ ist durchaus altbekannt bei der Legalisierung von Online-Casinos
Die Sorge der Betreiber der Online-Casinos, dass die Corona-Pandemie nun abermals das neue Gesetz ins Stocken bringen könnte, kommt sicherlich nicht von ungefähr. Stattdessen zeigt ein Blick in die Vergangenheit, warum die Betreiber eine zweite Folge der neverending Story fürchten.
Der Schutz der Spieler war die treibende Kraft, die bereits vor Jahren das Thema ins Rollen brachte. Die Legalisierung sollte den Schwarzmarkt eindämmen und die Spieler davor bewahren, bei unseriösen Anbietern zu spielen. Die Spieler selbst sollen durch eine aktive Suchtprävention geschützt werden, seriöse Anbieter sollen faire Bedingungen erfahren, um am Wettbewerb teilzunehmen. Summa summarum lässt sich die Maßnahme als Reaktion auf die Verbreitung des Online-Glücksspiels verstehen.
Erste Ideen zur Regulierung gab es bereits im Jahr 2012. Der Glücksspielstaatsvertrag sah vor, dass das Land Hessen 20 Glücksspielanbieter auswählt und mit einer deutschen Konzession versieht, um legal ein Online-Casino betreiben zu können. Final entschieden wurde zum GlüStV nie etwas, deswegen trat auch das Hessische Ministerium des Inneren und für Sport nie als Konzessionsgeber auf. Trotz über 40 Bewerbungen, die bis Januar 2013 eintrudelten, war das Thema in einem Schwebezustand. 2014 erklärte der Hessische Verwaltungsgerichtshof, die Konzessionsvergabe sei verfassungswidrig, woran die Vergabe trotz etlicher Bewerber scheiterte.
Es hagelte Kritik – an diesem Vorgang sowie an der Tatsache, dass eine Begrenzung auf 20 Lizenzen angedacht war. Stattdessen wurde die Forderung immer lauter, alle Unternehmen zuzulassen, die sich an die Spielregeln der Suchtprävention halten und auf die vorgegebenen Verbraucherschutzrichtlinien achten. Das Land Schleswig-Holstein beschritt sogar einen eigenen Weg, um im Bundesland den Betrieb eines Online-Casinos zu ermöglichen.
Sorge um die strengen Regularien macht sich breit
Zur Sorge darüber, ob es trotz der Corona-Pandemie Mitte 2021 einen finalen Glücksspielregulierungsvertrag geben wird, rückt die Sorge nach dem „danach“. Ein Blick nach Schweden zeigt Branchenkennern nämlich auch, welche Gefahr zu strenge Regularien mit sich bringen könnten. Durch die „Überregulierung“, wie es aus den Kreisen der Kritiker heißt, starte die Fluchtwelle – und zwar hin zu den Anbietern auf dem Schwarzmarkt, die ohne Regulierung kundennaher an die Freunde des Glücksspiels herantreten können.
Etwas ähnliches lässt sich bereits heute in Deutschland beobachten, erklärt der Bundesverband Automatenunternehmen e.V.: Aufgrund der durch Corona bedingten Schließung der realen Casinos und der gleichzeitig sehr aggressiven Werbemaßnahmen der Online-Casinos kommen die Betreiber hier bereits heute sehr gut an, was den Stand der vielleicht ab Mitte 2021 lizenzierten Online-Casinos deutlich schwächen wird. Ob die Online-Glücksspielbranche so zum weiteren Big-Business-Verlierer der Corona-Krise wird, wird die Zeit zeigen.