Nach der spektakulären Hauptversammlung fordert ein erster Investor offen neue Leute im Kontrollgremium
Nach dem Debakel auf der Hauptversammlung fordert ein erster einflussreicher Bayer-Aktionär offen neue Leute für den Aufsichtsrat – und das bald. Deka Investment sieht die fachliche Kompetenz im Kontrollgremium als unzureichend, um die Risiken der Übernahme von Monsanto richtig einzuschätzen. „Hier muss dringend personell nachgebessert werden, insbesondere im Bereich Rechtsexpertise, vor allem in den Vereinigten Staaten, und mit ausgewiesenen Agrarexperten. Bis zur nächsten Hauptversammlung können wir damit nicht warten“, teilte Dekas Leiter für Unternehmensführung, Ingo Speich, auf Anfrage der F.A.Z. (Mittwochausgabe) mit. Deka hält nach eigenen Angaben 1,1 Prozent der Bayer-Aktien.
Wie von der F.A.Z. bereits berichtet, dringen mehrere Anleger auf Fachleute im Aufsichtsrat, die sich mit Rechtsstreits in Amerika und im Agrargeschäft auskennen –bisher aber nur hinter den Kulissen. Mit Deka geht nun ein erster Fondsanbieter aus der Deckung. Dem Bayer-Management wird vorgeworfen, Risiken beim Kauf des amerikanischen Agrochemie-Konzerns Monsanto unterschätzt zu haben. Der Chemie- und Pharmakonzern ist in Amerika mit Klagen wegen des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat konfrontiert. Vor eineinhalb Wochen verweigerten die Aktionäre dem Vorstand mehrheitlich die Entlastung. Der Aufsichtsrat stellte sich hinter den Vorstand. Auch Aktionäre, die den Vorstand nicht entlastet haben, wollen an ihm vorerst festhalten – im Kern, weil ein neues Führungsgremium sich eilig in die Krise einarbeiten müsste und der Konzern destabilisiert werden könnte.
Dafür richtet sich die Aufmerksamkeit auf den Aufsichtsrat. Wer ihn nach Ansicht von Deka verlassen soll, bleibt offen. In der Praxis dürften mindestens zwei Neue gefordert sein – denn Personen, die beide gewünschten Qualifikationen in sich vereinen, dürften rar sein. Ins selbe Horn wie Deka stößt Union Investment, macht dabei aber keinen Zeitdruck. „Langfristig sollten die Kompetenzen des Aufsichtsrats der Entwicklung des Unternehmens Rechnung tragen und kontinuierlich erweitert werden“, sagte ein Sprecher. Welche er meint, ließ er offen. Aus Kreisen der Fondsgesellschaft ist aber zu hören, auch ihr gehe es um die beiden Punkte „Rechtsexpertise in Amerika“ und „Agrochemie“. Vorerst lässt Union indes beide Führungsgremien in Ruhe. „Vorstand und Aufsichtsrat haben eine zweite Chance verdient“, sagt der Sprecher.
Bayer-Aufsichtsratschef Werner Wenning argumentiert, das Gremium sei mit Wissenschaftlern und Fachleuten für Pharma, Konsumgüter, Finanzen, Controlling und Unternehmensführung gut aufgestellt – wobei man „eine weitere Verstärkung“ im Agrogeschäft für wünschenswert halte. Auf der zehn Mitglieder starken Kapitalbank ist dafür kein Fachmann, keine Fachfrau zu erkennen – es sei denn, man sähe in Wenning einen, weil er früher als Bayer-Vorstandschef das Agrochemiegeschäft mitverantwortete. Ein Bayer-Sprecher gab auf Anfrage keinen Kommentar zu den Forderungen ab, wie sie unter anderem von Deka gestellt werden.