Die Direktorin der Europäischen Zentralbank (EZB), Isabel Schnabel, hat die geplante Steuer auf Finanztransaktionen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) kritisiert. "Diese Maßnahme ist vor allem politisch motiviert. Aus ökonomischer Perspektive sehe ich diesen Vorschlag eher kritisch", sagte Schnabel der "Welt" (Mittwochsausgabe).
Allerdings sei der geplante Umfang so klein, dass das die Finanzwelt nicht wirklich verändern werde, so die EZB-Direktorin weiter. Sie wehrte sich auch gegen den Vorwurf, die Europäische Zentralbank (EZB) würde mit ihrer Geldpolitik den deutschen Sparern schaden. "Die Enteignung der Sparer ist das größte Missverständnis. Schon der Begriff ist juristisch falsch", sagte Schnabel. "Das würde ja bedeuten, dass die EZB den Menschen etwas wegnimmt, das ihnen zusteht. Das ist aber nicht der Fall", so die frühere Wirtschaftsweise weiter. Sparer sollten lieber ihr Anlageverhalten überdenken.
"Ich kann den Bürgern keine Anlagetipps geben. Aber es ist im derzeitigen Zinsumfeld sicherlich nicht besonders sinnvoll, sein gesamtes Geld als Spar- oder Termineinlage zu halten", sagte Schnabel. Auch die Politik sei gefordert, den Bürgern zu vermitteln, dass es Alternativen zu Zinsprodukten gebe.
Die frühere Wirtschaftsweise, die seit Januar im Rat und Direktorium der EZB sitzt, äußerte sich auch über die möglichen ökonomischen Folgen des neuartigen Coronavirus und der damit verbundenen Maßnahmen zur Eindämmung der Krankheit. "Die Unsicherheit ist enorm, sowohl was die Gefahr einer Ansteckung als auch die Letalität dieser Krankheit angeht", so die EZB-Direktorin.
Die häufig als Vergleich herangezogene SARS-Krankheit vor 17 Jahren habe damals einen scharfen Wachstumseinbruch ausgelöst, allerdings sei dieser Effekt rasch wieder vorbei gewesen, weil SARS zügig eingedämmt werden konnte. "Ob es diesmal schlimmer wird als damals oder nicht, kann im Moment niemand seriös sagen", sagte Schnabel der "Welt". Die nächsten Projektionen der EZB würden im März vorgelegt. "Bis dahin beobachten wir sehr genau, wie sich die Lage entwickelt", so die EZB-Direktorin.
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