Angesichts des Wirecard-Skandals fordert der Vorstandsvorsitzende des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW), Klaus-Peter Naumann, die eigene Branche zu intensiveren Prüfungen auf. "Man könnte Forensik verstärkt einsetzen und mit Hilfe von modernen IT-Systemen Auffälligkeiten prüfen", sagte Naumann dem Focus. Darüber werde in den Fachgremien derzeit diskutiert.
Eine Möglichkeit sei verstärkte Einsicht in Email-Verkehr. Der Wirtschaftsprüfer forderte außerdem strengere Regeln bei der Unternehmensführung (Corporate Governance). "Bei Wirecard gab es nach dem veröffentlichten Bericht des Sonder-untersuchers keine Vorstandsprotokolle. Das konnten wir uns bis dahin bei einem DAX-Unternehmen nicht vorstellen", sagte Naumann.
Es sei zu vermuten, dass bei Wirecard grundlegende Corporate-Governance-Regeln nicht beachtet wurden. Auch an die Deutsche Börse richtete der IDW-Chef eine Forderung. Nur mit guter Governance sei "ein Unternehmen reif für den organisierten Kapitalmarkt, insbesondere für den DAX 30, unser Prime-Segment an der Börse", sagte Naumann dem Focus: "Es kann doch nicht sein, dass die Aufnahme in den DAX nur auf Grundlage der Marktkapitalisierung sowie der Börsenumsätze und nicht auch von der Kapitalmarktreife abhängig gemacht wird. Da brauchen wir verbindliche Regeln."
Zudem ist Naumann "für eine Pflicht, dass die Unternehmen ihre Struktur und ihr Geschäftsmodell transparent und nachvollziehbar beschreiben". Das Geschäftsmodell des unter Bilanzbetrugsverdacht stehenden Zahlungsdienstleisters aus München galt als besonders intransparent. Im Juni kam heraus, dass 1,9 Milliarden bilanziertes Guthaben auf Auslandskonten höchstwahrscheinlich nie existierte. Naumann geht davon aus, dass die von Wirecard beauftragte Prüfgesellschaft EY mit "hoher krimineller Energie" betrogen wurde.
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