Der Industriekonzern Thyssen-Krupp sondiert Staatshilfen für sein notleidendes Stahlgeschäft, kann sich aber auch einen anderen Ausweg vorstellen. "Wir sind aktuell in Gesprächen mit der Bundesregierung und der Landesregierung. Aber wir haben bisher keine Hilfen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds beantragt", sagte die Vorstandsvorsitzende Martina Merz der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstagsausgabe).
Zum jetzigen Zeitpunkt sei auch noch ungewiss, inwiefern man auf eine unmittelbare Unterstützung angewiesen ist, so die Konzernchefin. Durch Corona habe sich die Lage nach dem milliardenschweren Verkauf der Aufzugssparte aber "dramatisch verschlechtert".
Die Option Staatshilfe werde nur deshalb geprüft, "weil uns durch Corona die Mittel für die Investitionen wieder verloren gegangen sind". Parallel spricht Thyssen-Krupp mit einem Konkurrenten über einen Komplettverkauf seiner Stahlsparte. Merz hält es aber für denkbar, dass sich Thyssen-Krupp nicht vollständig vom Stahl trennen muss. "Eine Weiterentwicklung innerhalb der Gruppe steht natürlich noch im Raum. Aber dafür braucht es viel Kapital in kurzer Zeit". Deshalb spreche man auch mit dem Staat über Corona-Hilfen.
Mit einer Entscheidung über einen Verkauf oder ein Joint-Venture rechnet sie nicht vor dem Frühjahr 2021. Der Konzern legt in der kommenden Woche seine Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr vor. Es sei mit einem "ganz fürchterlichen Free Cashflow" zu rechnen, sagte die Konzern-Chefin. "Wir sanieren gegen die Uhr." Für den geplanten Umbau des Unternehmens seien weitere Kostensenkungen notwendig.
"Das wird auch einen weiteren Stellenabbau bedeuten." Die Unternehmerin will sich von großen Teilen des Konzerns trennen, um die Investitionen auf die Geschäfte mit den besten Perspektiven zu konzentrieren.
"Aus dem Umbau wird dann wieder ein Aufbau. Im kommenden Frühjahr sollten wir die ersten Schritte sehen." Von der Verkaufsliste streichen will sie das Geschäft rund um grünen Wasserstoff, der als Energieträger und Industrierohstoff eine zentrale Rolle für die Energiewende spielen könnte. "Daher überlegen wir, die Wasserelektrolyse selbst mit strategischen Partnern oder auch mit Ko-Investoren weiterzuentwickeln", sagte Merz.
Foto: Thyssenkrupp, über dts Nachrichtenagentur