Jörn Leogrande, langjähriger Innovationsschef von Wirecard, glaubt nicht, dass das flüchtige Ex-Vorstandsmitglied Jan Marsalek in Russland ist. Das passe nicht zu Marsalek, sagte Leogrande dem "Spiegel". "Es ist nur eine Mutmaßung, aber: Vielleicht ist Jan uns viel näher, als wir denken."
Marsalek, Nummer zwei des Konzerns und mutmaßlich Mastermind des Betrugsnetzwerks, sei menschlich das Gegenteil von Konzernchef Braun gewesen, so Leogrande weiter. "Er war offen, weltmännisch, sprach sehr gutes Englisch, hatte tolle Manieren." Davon, dass der flüchtige Manager vermutlich ein Betrugssystem aufbaute, wusste Leogrande nach eigenen Angaben nichts.
"Das Ganze war so undurchschaubar, dass selbst die engsten Mitarbeiter nicht wussten, wie es funktioniert." Marsaleks Anwalt wollte sich nicht äußern, es ist noch nicht einmal klar, wann er das letzte Mal Kontakt zu seinem Mandanten hatte. Im Gespräch mit dem "Spiegel" beschreibt Leogrande Wirecard als eine "moderne Version der Mafia". Konzernchef Braun habe "Welteroberungsfantasien" entwickelt, unter denen das Unternehmen litt. "
Es gab unzählige Projekte, aus denen nie etwas wurde", so Leogrande. "Wir waren technisch nicht mal im Ansatz so weit, trotzdem sollte alles rasend schnell umgesetzt werden, damit Markus weiter seine Wachstumsstory erzählen und irgendwann Milliardär werden konnte."
Foto: BKA-Fahndungsfotos von Jan Marsalek, über dts Nachrichtenagentur