Im Betrugsskandal um den Finanzdienstleister Wirecard will die Staatsanwaltschaft München I bis zum Jahresende eine erste Anklage erheben.
Sie soll sich gegen den langjährigen Vorstandschef Markus Braun, den früheren Chefbuchhalter und Vize-Finanzvorstand E. sowie den Ex-Statthalter des Konzerns in Dubai, Oliver B. richten. Das erfuhr das Handelsblatt aus mit den Vorgängen vertrauten Kreisen.
Den Managern wird unter anderem gewerbsmäßiger Bandenbetrug, Untreue und Marktmanipulation vorgeworfen. Kommt es zum Prozess, drohen mehr als zehn Jahre Haft. Alle drei sitzen seit Juli 2020 bereits in Untersuchungshaft. Der ehemalige Finanzvorstand Burkhard Ley, der zwischenzeitlich ebenfalls für einige Monate in Haft saß und nur gegen Auflagen frei ist, soll dagegen – zumindest vorerst – nicht mit angeklagt werden.
Wirecard war im Juni 2020 in die Insolvenz gerutscht, als sich herausstellte, dass 1,9 Milliarden Euro, die angeblich auf Treuhandkonten auf den Philippinen lagen, nicht existierten. Wenig später stellte sich B. den Ermittlern als Kronzeuge zur Verfügung. Er war im Wesentlichen verantwortlich für das Geschäft des Zahlungsdienstleisters in Dubai, das zeitweise offiziell rund ein Drittel des Konzernumsatzes beisteuerte. B. belastete nicht nur sich selbst, sondern auch Spitzenmanager des Konzerns, darunter Braun und den flüchtigen Asienvorstand Jan Marsalek schwer. Seine Aussagen dienen den Ermittlern als wesentlicher Stützpfeiler.
Die Staatsanwaltschaft wollte sich auf Nachfrage nicht zu der Anklage äußern. Sie verwies lediglich darauf, seit Juni 2020 fast 400 Beschuldigten- und Zeugenvernehmungen durchgeführt haben. Im besonderen Fokus haben die Ermittler offenbar rund 30 Beschuldigte.