Vor einer Sondersitzung des Aufsichtsrats in der kommenden Woche verteidigt Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz ihren Plan, die traditionsreiche Stahlsparte aus dem Konzern auszulagern, gegen Kritik aus den eigenen Reihen.
»Die Zukunft liegt darin, dass sich das Geschäft spezialisiert und ohne Hilfe der Mutter auskommt«, sagte Merz im Gespräch mit dem SPIEGEL. Man sei sich mit dem Stahlvorstand einig, »dass wir eine Verselbstständigung wollen«.
»Wir sind stolz darauf, dass die meisten Leute Thyssenkrupp mit Stahl verbinden, zumindest in Deutschland«, betonte Merz. Trotzdem gebe es für die Sparte »keine Sonderbehandlung« in der Gruppe.
Nach einer Abspaltung könne die Stahlsparte neue Bündnisse schließen. Dafür kommen laut Merz auch Partner infrage, die helfen, die Energiekosten zu senken: »Der Stahl braucht Energie im großen Umfang, die kauft man nicht jeden Tag woanders ein, sondern geht langfristige Partnerschaften ein«, sagte Merz. »Gemeinsam diskutieren wir mit möglichen Partnerunternehmen, ob sie sich nicht auch mit Eigenkapital beteiligen wollen.«
Angesichts des hohen Wasserstoffbedarfs, den das Geschäft künftig für eine klimafreundliche Stahlherstellung haben werde, gebe es naheliegende Interessenten, so Merz. Die Managerin zeigte sich aber auch offen für Finanzinvestoren: »Dabei kann auch Kapital gut sein, keine Frage.« Stahl sei allerdings nichts für einen Investor, der binnen kürzester Zeit sein Geld wiedersehen wolle.
Zudem kündigte Merz einen neuen Anlauf an, die Tochterfirma Nucera an die Börse zu bringen, die Elektrolyseure zur Produktion von Wasserstoff verkauft. »Thyssenkrupp soll aber auf jeden Fall die Mehrheit behalten«, so die Vorstandschefin. Der Konzern hatte den Börsengang von Nucera im vergangenen Jahr wegen des schlechten Kapitalmarktumfelds zurückgestellt.
Merz widersprach der Einschätzung, dass sie den nötigen Rückhalt von Investoren eingebüßt habe. Der Vorstand sei auf der Hauptversammlung mit 99 Prozent der Stimmen entlastet worden. »Für ein börsennotiertes Unternehmen, das seine Anteilseigner in den vergangenen drei Jahren deutlich ärmer gemacht hat, ist das nicht selbstverständlich«, so Merz. Sie habe bei Thyssenkrupp sehr hohe Schulden geerbt. »In dieser Lage können wir nicht 'Wünsch Dir was' spielen«, sagte Merz in Richtung ihrer Kritiker. Die einzelnen Geschäfte sollten sich Zukunftsfähigkeit erarbeiten. »Wenn die Gruppe dafür nicht ausreichend Kapital zur Verfügung stellen kann, weil es einfach nicht für alle reicht, dann muss es woanders herkommen.«