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Denkfabrik fordert Entflechtung von Amazon

Kleinere und mittlere Unternehmen in der Europäischen Union werden immer abhängiger vom »Marktplatz«-Angebot des dominierenden Onlinehändlers Amazon – trotz diverser bereits laufender Kartellverfahren.

Das zeigt eine Analyse der niederländischen Organisation Somo, die kommende Woche erscheint.

Von 2017 bis 2022 verdreifachten sich demnach Amazons Einnahmen durch Gebührengelder unabhängiger europäischer Händler von 7,6 auf 23,5 Milliarden Euro. Sie zahlen unter anderem dafür, auf der Plattform gelistet zu werden, manche auch für Lagerung und Versand ihrer Produkte durch Amazon. Geradezu »explodiert« seien zudem die Werbeeinnahmen von europäischen Händlern, die ihre Sichtbarkeit auf der Plattform erhöhen wollen – von 300 Millionen Euro im Jahr 2017 auf 5,4 Milliarden 2021. Allein in Deutschland stiegen die Werbeinvestitionen der Handelspartner in diesem Zeitraum Somo zufolge von 100 Millionen auf 2,1 Milliarden Euro.Amazon habe zudem sein Gebührenaufkommen durch Händler stetig erhöht, was deren Margen verringere. Kleinere Händler befänden sich zunehmend im »Würgegriff« und würden »ausgequetscht«, heißt es in dem Report. Somo analysierte dafür Geschäftsberichte sowie Unterlagen aus laufenden Untersuchungen gegen den Konzern, zudem führten Mitarbeiterinnen Interviews mit ausgewählten Händlern.

»Sie schilderten uns, dass sie trotz der zunehmend ungünstigen Bedingungen auf der Plattform vertreten sein müssten, um ihre Kunden zu erreichen«, sagt Somo-Vertreterin Margarida Silva. Es handle sich um »ein strukturelles Monopol mit zahlreichen Interessenkonflikten«, die Doppelrolle als Verkäufer und Marktplatzbetreiber müsse entflochten werden.

Beim Bundeskartellamt laufen aktuell zwei Verfahren gegen den Konzern. Seiner Einstufung als »Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung« hat Amazon widersprochen, darüber muss nun der Bundesgerichtshof entscheiden. In der Vergangenheit hatte Amazon auf Druck des Kartellamts seine Vertragsklauseln für Handelspartner bereits verändert. Auch in einem 2019 eingeleiteten Verfahren der EU-Wettbewerbshüter, die gleich mehrere Geschäftspraktiken von Amazon unter die Lupe genommen hatten, machte der Konzern im vergangenen Jahr Zugeständnisse – die von der EU-Kommission im vorigen Dezember abgesegnet wurden.

Auf Spiegel-Nachfrage wies Amazon die Einschätzung zurück, man verfüge über ein Monopol. Der Markt sei »sehr groß und außerordentlich wettbewerbsintensiv«. Das Umsatzwachstum mit europäischen Händlern erkläre sich durch deren Verkaufserfolge: Allein 2021 hätten sie weltweit 2,2 Milliarden Produkte verkauft. »Unsere Verkaufspartner stehen für etwa 60 Prozent der bei Amazon verkauften Artikel, und wir sind stolz darauf, dass ihre Verkäufe schneller wachsen als die eigenen Verkäufe von Amazon«, so eine Sprecherin. Zudem investiere man »mehr denn je, um das Wachstum unserer Verkaufspartner zu unterstützen«.

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