Finanzvorstand: „Alles liegt auf dem Tisch“ - aber Adyen wolle nicht zu einem kurzfristig orientierten Unternehmen werden
Nach einem historisch hohen Aktienkursverlust versucht der niederländische Zahlungsabwickler Adyen das Vertrauen der Anleger zurückzuerkämpfen. Er fragt in einer Serie von Investorengesprächen Anlegermeinungen ab und denkt über Schritte nach, den Aktionärsbedürfnissen entgegenzukommen. Das sagte Finanzvorstand Ethan Tandowsky im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z. / Samstagausgabe) in Amsterdam. Ob es gar Quartalsberichte und kurzfristige Margenziele geben könnte, ließ der Manager offen, lehnte sie aber auch nicht rundheraus ab. „Wir schauen uns an, was die richtigen Schritte sind“, sagte Tandowsky. „Alles liegt auf dem Tisch.“ Adyen werde aber ein Unternehmen mit langfristiger Orientierung bleiben. Wann Entscheidungen fallen, sagte er nicht.
Adyen wickelt Zahlungen für Onlineplattformen und über Kartenleser in Läden ab. Das Schwergewicht im Amsterdamer Leitindex AEX erlitt vergangene Woche mit der Halbjahresbilanz einen Kursrutsch um knapp zwei Fünftel (39 Prozent). Noch nie hat ein AEX-Mitglied aufgrund seiner operativen Entwicklung einen solchen Tagesverlust gesehen. Diese Woche sank der Kurs weiter. Adyen arbeitet hochprofitabel und wächst im Umsatz stark. Im Kern verschreckten drei Faktoren den Markt: schwächeres Wachstum in den Vereinigten Staaten, Zweifel an Adyens Preissetzungsmacht – und sprunghaft gestiegene Personalkosten, bedingt auch durch den kräftigen Stellenaufbau, den Adyen gegen den Branchentrend durchzieht.
„Es ist klar, dass einiges Vertrauen verloren gegangen ist“, sagte Tandowsky, der sich den Fragen der F.A.Z. am Tag sieben nach der Halbjahresbilanz in einem kurzen Treffen zwischen zwei Investorengesprächen stellte. „Daher sind wir diese Woche sehr darauf konzentriert gewesen, unseren Aktionären zuzuhören. Ihre Perspektiven zu sammeln. Natürlich ist es eine hohe Priorität für uns, das [Vertrauen] wieder aufzubauen. Das heißt, wir müssen entscheiden, was die richtigen nächsten Schritte sind.“
Manche Anleger mahnen Quartalsberichte an, wie die meisten börsennotierten Unternehmen sie veröffentlichen. „Wir sind als Unternehmen sehr langfristig orientiert“, sagte Tandowsky dazu. „Deswegen setzen wir auf die Bekanntgabe von Halbjahresergebnissen. Aber natürlich hören wir diese Woche den Rückmeldungen der Aktionäre zu.“ Analog beantwortete er die Frage zu konkreteren Renditezielen. Bisher gibt Adyen zwar 65 Prozent Marge auf Basis des Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) aus – nennt aber das angepeilte Jahr nicht öffentlich. Tandowsky sagte, die besten Entscheidungen für das Unternehmen seien langfristige. Das solle gewährleistet bleiben. „Können wir aber mehr tun, um zu erklären, wie wir zu diesen langfristigen Ergebnissen kommen? Natürlich muss man sich das immer anschauen.“ Allerdings wäre es eine schlechte Entscheidung, sich zu einem kurzfristig orientierten Unternehmen zu wandeln, fügte er hinzu.