Kommentar von Dr. Bernd Heim
Lieber Investor,
an dieser Stelle macht es Sinn, einmal inne zu halten und auf die aktuelle Benutzer- und Besitzerstruktur bei den Bitcoins zu achten. Bis noch vor gut zwei Jahren wurden Bitcoins gekauft, um damit im Internet bezahlen zu können. Die Bezahlfunktion stand eindeutig im Vordergrund und Bitcoins wurden gekauft, um sie zu tauschen, nicht um sie zu besitzen oder mit ihnen zu spekulieren. Die Bitcoins waren in erster Linie eine neue Form von Geld.Das ist heute anders. Wer heute in die Bitcoins einsteigt, will mit ihnen schnell Geld verdienen, nicht sie als Geld einsetzen.
Das ist ein wesentlicher Unterschied. Wo früher die Bezahlfunktion eindeutig im Vordergrund stand, steht heute die Spekulation an erster Stelle. Und mit jedem Tag, an dem die Bitcoins weiter exponentiell steigen und neue Allzeithochs erreichen, werden sie viel zu wertvoll, um sie unbedacht gegen Gemüse, Obst und andere Dinge des täglichen Bedarfs zu tauschen.
Das Scheitern der Bitcoins als Geld begann in dem Moment, in dem sie zum beliebten Spekulationsobjekt wurden
Hier geraten die Bitcoins in einen Teufelskreis, aus dem es fast kein Entrinnen mehr gibt. Damit sie sich als Geld durchsetzen, muss die Bezahlfunktion wieder klar in den Mittelpunkt treten. Dazu darf der Preis aber nicht weiter steigen, denn vom Geld erwartet man keinen Gewinn, sondern nicht mehr und nicht weniger, als dass sein Wert stabil bleibt. Eine Steigerung (Deflation) ist dabei ebenso schlecht wie eine beständige Verminderung seines Werts (Inflation). Am besten ist, wenn das Geld einfach nur seine Kaufkraft hält. Die Gewinne strebt man hingegen mit den Dingen an, die man sich mit seinem Geld kauft, und wenn es der Lottoschein ist.
Steigen die Bitcoinkurse aber nicht mehr so rasant wie in den letzten Monaten, wird das allgemeine Interesse sehr schnell wieder nachlassen. Der Hype ist dann vorbei, und selbst wenn die Preise anschließend nicht fallen würden, wäre die Chance vertan, rasch zu einem allgemeinen Zahlungsmittel zu werden, weil jeder Benutzer um die Kurshistorie weiß und Angst haben muss, dass die Volatilität des ersten Halbjahrs 2017 wieder zurückkehrt.
Die mediale Aufmerksamkeit, welche die Bitcoins momentan erfahren, rückt diese immer mehr in den Bereich eines Investments. Geld ist aber kein Investment, sondern nur das Mittel, mit dem es erworben wird. Weil man Investments eher langfristig besitzt und nur selten tauscht, Geld hingegen selten langfristig besitzt und dafür sehr oft tauscht, sind die Bitcoins in eine Sackgasse geraten, aus der es kein Entkommen mehr gibt.
Als Geld können sie sich nicht durchsetzen, weil ihr Wert viel zu sehr schwankt, und wenn die Spekulanten erst einmal erkannt haben, dass die Bitcoins nicht das konkret genutzte Geld der Zukunft sein werden, für das sie viele immer noch halten, entfällt auch die Notwendigkeit, Bitcoins zu kaufen oder zu halten. Wenn dieser Punkt erreicht ist, wird aus der Kaufwellen leicht eine Verkaufswelle und der Bitcoinkurs dürfte sich schnell jenem der Tulpenzwiebeln in 1637 annähern.
Ein Beitrag von Dr. Bernd Heim.