Kommentar von Rolf Morrien
Liebe Leser,
eine gute Nachricht für Sie, wenn Sie an der Börse auf Chemie-Werte setzen: Die deutsche Chemie- und Pharmabranche hat sich im 2. Quartal 2017 sehr erfreulich entwickelt. Das geht aus einer heute veröffentlichten Meldung des Branchenverbandes VCI (Verband der Chemischen Industrie) hervor. In den Monaten April bis Juni dieses Jahres legte der Umsatz der drittgrößten deutschen Industriebranche um satte 7,1% zu.
Verantwortlich dafür war die Erholung der Wirtschaft (vor allem in Europa) und die damit verbundene höhere Nachfrage nach Chemikalien. Auch legten die Chemiepreise weiter kräftig zu. Das liegt daran, dass die Nachfrage nach Chemikalien hoch ist, die Kapazitäten gut ausgelastet sind und die Unternehmen daher Preissteigerungen durchsetzen konnten.
Nach dem starken 2. Quartal blickt der Branchenverband VCI nun optimistischer als ohnehin schon auf das Restjahr 2017. Die Chancen stünden gut, dass die Unternehmen aus der Branche auch in der 2. Jahreshälfte gute Geschäfte machen, sagte VCI-Präsident Kurt Bock am heutigen Donnerstag in Frankfurt.
Trotz der sehr guten Branchenentwicklung im 2. Quartal hebt der Verband seine Prognose für das Gesamtjahr zunächst nicht an und rechnet daher weiterhin mit einem Umsatzplus von 5% und einem Anstieg der Chemiepreise von 3,5%. Bei der Produktion wird mit einem Plus von 1,5% gerechnet.
Lanxess und Evonik mit neuen Margenzielen
Jetzt möchte ich noch auf 2 mittelgroße deutsche Chemie-Spezialisten eingehen, die kürzlich neue Ziele in Sachen Profitabilität bekanntgegeben haben. Die Rede ist von der ehemaligen Bayer-Tochter Lanxess und vom Lanxess-Rivalen Evonik.
Lanxess will seinen Wachstumskurs zukünftig fortsetzen, dabei aber stärker auf Profitabilität achten. Ab dem Jahr 2021 strebt das Unternehmen eine operative Gewinnmarge zwischen 14 und 18% an (im vergangenen Jahr waren es 12,9%). Das sagte Lanxess-Chef Matthias Zachert vor wenigen Tagen im Rahmen eines Pressegesprächs.
Daneben soll das Produktportfolio von Lanxess bessert austariert werden, um die Schwankungsbreite bei den Ergebnissen einzudämmen. Darüber hinaus will das in Köln ansässige Unternehmen beim Volumen schneller wachsen als die globale Wirtschaft.
Zur aktuellen Situation bei Lanxess äußerte sich Zachert wie folgt: „Lanxess steht heute wieder auf festen Beinen und ist zurück auf dem profitablen Wachstumspfad.“
Der Lanxess-Konkurrent Evonik hat sich ebenfalls neue Margenziele gesteckt: Das Essener Unternehmen strebt eine Umsatzrendite bezogen auf das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA-Rendite) von 18 bis 20% an. Damit hat Evonik die Messlatte ein Stück weit höher gelegt als die Konkurrenz aus Köln.
Meine Einschätzung: Beide Unternehmen bieten Potenzial
Ich bin trotz der Unterschiede bei den neuen Margenzielen der Ansicht, dass sowohl Lanxess als auch Evonik Potenzial bieten. Bei Lanxess wird der Konzernumbau Früchte tragen (das schwankungsstarke Kautschuk-Geschäft wurde abgespalten). Evonik verfügt über reichlich Kapital und wird auch über Zukäufe weiter wachsen. Zur Zeit werden noch beide Unternehmen an der Börse unterschätzt.
Wer vorsichtiger agieren möchte, kann warten, bis der jeweilige Aktienkurs nach oben ausbricht und dann auf den Aufwärtstrend setzen.
Ein Beitrag von Rolf Morrien.