Trotz der explosiven Gemengelage an den Finananzmärkten stürzt Gold ab. Das ist angesichts der Krise am Bosporus höchst ungewöhnlich. Schon keimt der Verdacht: Wirft die türkische Zentralbank ihr Gold auf den Markt um dringend benötigte Devisen zu erhalten?
von Sven Weisenhaus
Der Goldpreis befindet sich weiterhin auf dem Rückzug (siehe folgender Chart). Seit der vorangegangenen Gold-Analyse vom 12. Juli hat der Preis des Edelmetalls auch noch die Kreuzunterstützung aus einer Aufwärtstrendlinie und der horizontalen Marke bei 1.235,90 USD gebrochen (roter Kreis). Anschließend gab er bis auf aktuell nur noch 1.180 USD nach.
Damit wurde auch wieder das Zentrum der Seitwärtsrange erreicht (gelbes Rechteck, blaue Linie), um welches der Kurs längere Zeit herumpendeln sollte. In der Börse-Intern vom 17. November 2016 hatte ich erstmals den folgenden Chart veröffentlicht und damit die Range von rund 1.000 bis 1.400 USD (gelbes Rechteck) vorgestellt.
Inzwischen stellt sich der Chart wie folgt dar.
Eine wichtige Abwärtstrendlinie wurde zwar gebrochen (rot), doch anschließende Aufwärtstrends (grüne Linien) hatten keinen Bestand. Stattdessen hat sich letztlich die erwartete Seitwärtsrange durchgesetzt und der Kurs nun wieder deren Zentrum erreicht.
Trotz zunehmender Probleme kein Interesse an Gold
Trotz der zunehmenden Risiken will offenbar aktuell kaum jemand Gold kaufen. Der sinkende Goldpreis sorgt stattdessen scheinbar eher noch dafür, dass sich noch mehr Anleger von ihren Beständen trennen. Denn weltweit gingen die Bestände an goldgedeckten ETFs und ähnlichen Produkten im Juli um 39 Tonnen auf 2.394 Tonnen zurück. Im Juni betrug der Rückgang sogar 51 Tonnen.
(Quelle: World Gold Council)
Die verwalteten Goldvermögen gingen dadurch in US-Dollar gerechnet von 98 Mrd. USD im Juni um 4 % auf 94 Mrd. USD zurück (siehe folgende Tabelle). Der Goldpreis fiel im selben Zeitraum um 2,37 %. Und im August hat er noch einmal um bislang 3,4 % nachgegeben, womit sich der Preisverfall beschleunigt hat. Und entsprechend könnte sich auch die Flucht aus Goldanlagen verschärft haben.
Steigende US-Zinsen als Hauptschuldiger
Dabei handelt es sich keineswegs um ein regionales Problem. Denn im Juli verzeichneten alle Regionen Abflüsse. Allerdings wurden die ETF-Abflüsse von nordamerikanischen Fonds dominiert. Sie verloren 983,5 Mio. US-Dollar an Investorengeldern und damit mehr als alle anderen Regionen zusammen.
(Quelle: World Gold Council)
Und somit kann man die steigenden US-Zinsen als Hauptschuldigen ausmachen. Vielleicht erinnern Sie sich noch - ich hatte hier wiederholt geschrieben, dass mit steigenden Zinsen die Opportunitätskosten für Gold-Anleger steigen. Zudem hatte ich auf die negative Korrelation zum US-Dollar hingewiesen (siehe Börse-Intern vom 11. Mai 2018). Und da der Dollar - wohl getrieben durch die Probleme der türkischen Lira - aktuell insbesondere gegenüber Schwellenländerwährungen stark aufwertet, gibt der Goldpreis entsprechend stark nach.
Pessimistische Stimmung als Kontraindikator
Und folglich ist derzeit auch die Stimmung zum Goldpreis negativ. Laut dem World Gold Council sind die COMEX-Netto-Long-Futures auf den tiefsten Stand seit drei Jahren gefallen. Und ein sehr niedriges Netto-Long-Niveau sei schon oft historischen Rallyes im Goldpreis vorausgegangen. So erscheint inzwischen zumindest eine Gegenbewegung immer wahrscheinlicher. Zumal der Goldpreis bei 1.180 USD inzwischen eine horizontale Unterstützung erreicht hat (siehe Charts oben).
www.stockstreet.de