In der Linksfraktion mehren sich die Anzeichen für einen möglichen Sturz der Vorsitzenden Sahra Wagenknecht. Das berichtet das "Redaktionsnetzwerk Deutschland" (Samstagausgaben) unter Berufung auf Fraktionskreise.
Grund seien demnach die fortgesetzt migrationskritischen Äußerungen der 49-Jährigen und ihr Engagement in der Anfang September selbst ausgerufenen Sammlungsbewegung "Aufstehen".
Mit einer Entscheidung wird spätestens bei der Fraktionsklausur im Januar gerechnet. Bei 69 Fraktionsmitgliedern müssten 35 Abgeordnete für eine Abwahl stimmen.
Schätzungen zufolge würden es derzeit 32 oder 33 tatsächlich tun. Der Bundestagsabgeordnete und ehemalige Bundesschatzmeister Thomas Nord hatte bei der Fraktionssitzung am Dienstag erklärt, er halte den gegenwärtigen Zustand nicht mehr aus.
Wenn sich an Wagenknechts Verhalten nichts ändere, werde er die Fraktion verlassen.
Der Abgeordnete Niema Movassat sagte am Freitag dem RND: "Es gibt in der Fraktion Unmut über die Alleingänge. Damit muss Schluss sein. Immer mehr Mitglieder sind frustriert. Die Erklärung von Thomas Nord ist nur der Gipfel."
Movassat appellierte an das Lager des Ko-Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch, dass es "mäßigend auf das Wagenknecht-Lager einwirkt. Da muss mehr Druck kommen." Ein weiterer Abgeordneter sagte dem RND bereits am Mittwoch, eine neue migrationskritische Äußerung könne das Fass zum Überlaufen bringen und dazu führen, dass die für den Herbst 2019 geplante Wahl des Fraktionsvorstandes vorgezogen werde.
Danach wurde ein Rundbrief Wagenknechts bekannt, in dem sie gegen den Migrationspakt der Vereinten Nationen Position bezieht und den Wirtschaftsjournalisten Norbert Häring mit dem Satz zitiert: "Linke Parteien, die so etwas mittragen, sind dem Untergang geweiht und haben ihn verdient."
Im Wagenknecht-kritischen Teil der Fraktion heißt es, damit habe sie abermals eine rote Linie überschritten. So eine Rhetorik sei mit den Positionen von Partei und Fraktion nicht vereinbar. Offenkundig, so heißt es weiter, spitze sich die Lage zu. Und es sei nicht Nord, der gehen müsse, sondern "andere Teile" der Fraktion.
Auch wird darauf verwiesen, dass Wagenknecht offenbar darauf hinarbeite, "Aufstehen" in eine Partei umzuwandeln, die "wahre Sammlungsbewegung" aber am 30. Oktober durch Berlin marschiert sei – in Gestalt jener "Unteilbar"-Demo für eine weltoffene Gesellschaft, an der 240.000 Menschen teilgenommen hätten und die Wagenknecht abgelehnt habe.
Zu einer "Aufstehen"-Kundgebung am Freitag am Brandenburger Tor kamen nach Schätzungen von Augenzeugen nur 250 bis 300 Menschen.
Foto: Sahra Wagenknecht, über dts Nachrichtenagentur