Für den Fall, dass die SPD die Große Koalition aufkündigen sollte, hält der Staatsrechtler Joachim Wieland vorgezogene Neuwahlen noch vor den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg für möglich.
Voraussetzung sei, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von sich aus die Vertrauensfrage stelle. "Spräche ihr nicht eine Mehrheit des Bundestages das Vertrauen aus, was nach einem Koalitionsbruch zu erwarten wäre, könnte der Bundespräsident (Frank-Walter Steinmeier) auf Vorschlag der Bundeskanzlerin binnen 21 Tagen den Bundestag auflösen", sagte der Professor an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer dem "Handelsblatt".
"Theoretisch wäre also noch vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen Anfang September eine Neuwahl möglich." Einen "sicheren Weg" dazu sehe die Verfassung aber nicht vor, betonte Wieland. "Vielmehr entscheidet der Bundespräsident, ob er einem Neuwahlvorschlag der Bundeskanzlerin folgt oder sie darauf verweist, dass sie sich im bestehenden Bundestag um eine andere Mehrheit bemühen soll."
Die Bundeskanzlerin könne dann versuchen, mit anderen im Bundestag vertretenen Parteien eine Koalition zu bilden oder mit einer Minderheitsregierung weiterregieren, erläuterte der Jurist. Der Staatsrechtler geht im Falle eines Koalitionsbruchs zudem davon aus, dass die Ministerinnen und Minister der SPD "vermutlich zurücktreten" würden.
"Sie können nach dem Bundesministergesetz jederzeit ihre Entlassung verlangen", sagte Wieland. "Tun sie das nicht, würde vermutlich die Bundeskanzlerin von sich aus dem Bundespräsidenten die Entlassung der SPD-Regierungsmitglieder vorschlagen." Dem müsse der Bundespräsident entsprechen und sie entlassen.
Foto: Wahllokal, über dts Nachrichtenagentur