Der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier stand in seiner Zeit als Außenminister wiederholt auf der Empfängerliste für teure Präsentkörbe eines Rüstungslobbyisten und Waffenhändlers.
Wie der stern, das gemeinnützige Recherchezentrum "Correctiv" und das ZDF-Magazin "Frontal 21" unter Berufung auf Unterlagen aus dem Berliner Luxuskaufhaus Kadewe berichten, hatte der aus dem Libanon stammende Geschäftsmann Ahmad El Husseini für Steinmeier im Dezember 2015 einen Präsentkorb mit drei teuren Rotweinflaschen und drei Champagnerflaschen der Marke Dom Pérignon im Gesamtwert von 1323,99 Euro vorgesehen.
Laut dem Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages dürfen Abgeordneten bei Geschenken mit Mandatsbezug bis zu einem Wert von 200 Euro "nicht ohne Weiteres" davon ausgehen, "dass sie angenommen werden dürfen". Laut Ministergesetz und den dazugehörigen Verfahrensregeln der Bundesregierung müssen Minister Geschenke im Wert von über 153,39 Euro, die sie "in Bezug" auf ihr Amt erhalten, dem Kanzleramt melden.
Steinmeier hatte nach Auskunft des Kanzleramts im entsprechenden Zeitraum keine solchen Geschenke gemeldet. El Husseini war nach Recherchen von stern, "Correctiv" und "Frontal 21" ab 2012 an einem Geschäft zur Lieferung von zwei Fregatten des deutschen Herstellers Thyssen-Krupp an Algerien beteiligt.
Mit der damals von El Husseini geführten Firma Federal Development Establishment in den Vereinigten Arabischen Emiraten sollte er an Thyssen-Krupp ein Munitionspaket im Wert von über 300 Millionen Euro für die Kriegsschiffe liefern, über einen Vertrag mit dem Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall.
Der Bundessicherheitsrat, dem Steinmeier damals als Außenminister angehörte, genehmigte die Ausfuhr der zwei Fregatten im Februar und November 2016. Rheinmetall verzeichnete bei diesem und einem weiteren Geschäft mit Federal Verluste beziehungsweise offene Forderungen von insgesamt über 60 Millionen Euro.
So soll El Husseini aus Zahlungen von Thyssen-Krupp ausweislich eines Prüfberichts für den Eigentümer von Federal vom Mai 2018 insgesamt 48 Millionen Euro "unterschlagen" und unter anderem auf Konten in Beirut und Hongkong geleitet haben.
Rheinmetall wies aus diesem Grund in seiner Bilanz für 2018 eine wertberichtigte und "gestundete" Forderung von 37 Millionen Euro aus. Rheinmetall-Chef Armin Papperger bestätigte auf der Hauptversammlung im Mai 2019, dass diese Summe von Federal geschuldet werde. Um weitere 15 Millionen Euro soll El Husseini zusammen mit zwei Mittätern Rheinmetall im Zusammenhang mit einem weiteren Vertrag aus dem Jahr 2015 betrogen haben.
Die Außenstelle Celle der Staatsanwaltschaft Lüneburg hat deshalb nach eigenen Angaben im Mai 2019 Anklage vor dem Landgericht Lüneburg erhoben. Über deren Annahme muss das Gericht noch entschieden. El Husseinis Anwalt wies den Vorwurf gegen seinen Mandanten zurück. Federal hatte die 15 Millionen Euro als "Erfolgsprämie" erhalten; das Unternehmen sollte politische Stellen in den Vereinigten Arabischen Emiraten von der Tauglichkeit von Marinegeschützen überzeugen, die Rheinmetall seit 2009 in das Land am Persischen Golf geliefert hatte.
Steinmeier erinnert sich laut Auskunft des Präsidialamtes, dass er "vor mehr als zehn Jahren" El Husseini "zwei- oder dreimal begegnet" sei, als dieser als Berater der Vereinigten Arabischen Emirate tätig gewesen sei. Von dessen Tätigkeit als "Lobbyist im Rüstungsbereich" wisse der heutige Präsident nichts.
El Husseini habe "zu keiner Zeit Einfluss auf politische Positionierungen oder Entscheidungen" von Steinmeier gehabt, versichert das Amt. Ob El Husseini oder seine Firma "Präsentkörbe an das Abgeordnetenbüro von Frank-Walter Steinmeier schickte" lasse sich "nicht mehr nachvollziehen".
Die "in der Vorweihnachtszeit angekommenen Naturalgeschenke" seien immer "gesammelt und weiterverteilt worden", so das Präsidialamt, zum Beispiel an Mitarbeiter. Fragen zu den Bestimmungen zum Umgang mit teuren Geschenken, die für den Abgeordneten und Minister Steinmeier galten, ließ das Präsidialamt unbeantwortet.