FDP-Neumitglied Gerster sieht SPD „in Gefahr, zu einer Sekte zu werden“
Der zur FDP übergetretene frühere SPD-Politiker und ehemalige Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Florian Gerster, sieht die Zukunft seiner früheren Partei düster.
„Die SPD ist in Gefahr, zu einer Sekte zu werden. Noch stärker dürfte sie eine strukturkonservative Partei werden, die nur noch für bestimmte, aus ihrer Sicht gefährdete Milieus da ist, aber nicht mehr für die Mitte der Gesellschaft, für die Facharbeiter, die Aufstiegswilligen und -fähigen“, sagte Gerster dem SPIEGEL.
Gerster war nach mehr als fünf Jahrzehnten SPD-Mitgliedschaft in die FDP eingetreten. Den Wechsel hatte FDP-Chef Christian Lindner auf dem Dreikönigstreffen der Liberalen am Dienstag in Stuttgart bekannt gegeben.
Gerster, der seit 1991 viele Jahre für die SPD Landesminister in Rheinland-Pfalz war, begründete seinen Schritt auch mit der Wahl des neuen SPD-Führungsduos Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. „Spätestens mit diesem merkwürdigen Doppelspitzen-Wahlkampf war mir klar: Die SPD ist nicht mehr reformierbar. Ich fürchte, die SPD wird sich nicht einmal mehr in einer komfortablen Zehn-Prozent-Region einrichten können“, so Gerster weiter. Die Linken würden aus seiner Sicht immer linker als die SPD sein, die Grünen grüner als die SPD. „Ich fürchte, die neue Führung unterliegt einer großen Selbsttäuschung“, sagte der frühere SPD-Politiker.
Zu seiner künftigen Rolle in der FDP erklärte Gerster: „Ich bin jetzt 70 Jahre alt, ich strebe keine Ämter mehr an, arbeite aber gerne in der FDP mit und setzte darauf, dass Menschen, die in der FDP sozialliberal denken oder diese Facette zumindest unterstützen wollen, mit mir ins Gespräch kommen.“