EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn geht davon aus, dass die Mitgliedstaaten der Kommission die Erhebung neuer Steuern erlauben.
Die EU-Regierungen müssten entweder höhere Beiträge in den Brüsseler Haushalt akzeptieren oder der Kommission neue Einnahmequellen - sogenannte Eigenmittel - erschließen, damit die EU Schulden zurückzahlen könne, die durch das Corona-Hilfsprogramm entstehen, sagte Hahn der "Süddeutschen Zeitung" (Wochenendausgabe).
Die Kommission hatte in dieser Woche vorgeschlagen, einen schuldenfinanzierten Corona-Hilfstopf aufzusetzen.
Der Österreicher geht davon aus, dass sich die Regierungen für die zweite Lösung - neue Eigenmittel - entscheiden werden: "Ich sehe keine Bereitschaft, zukünftig mehr zu zahlen", sagte er der SZ. Sollten die Regierungen dem schuldenfinanzierten Hilfstopf zustimmen, würden sie daher auch die neuen Eigenmittel ermöglichen, sagte Hahn.
Die Kommission hat zusammen mit dem Entwurf des Hilfspakets auch Ideen für solche Einnahmequellen präsentiert. "Das sind diejenigen, die gerade groß in der Debatte sind und im jetzigen Umfeld sehr gute Chancen haben", sagte der EU-Kommissar der SZ. Unter anderem schlug die Behörde eine Binnenmarkt-Abgabe für Großkonzerne vor, mit der diese für die Vorteile des gemeinsamen Marktes zahlen sollen.
Zur Begründung sagte Hahn der SZ: "Große Unternehmen profitieren üblicherweise mehr vom Binnenmarkt als kleine, doch kleine Unternehmen tragen eine höhere Steuerlast. Es geht um Steuergerechtigkeit." Der ÖVP-Politiker sagte weiter, das Konzept für das Hilfspaket sei in einem wochenlangen Austausch mit den Regierungschefs und Finanzministern der EU-Länder entstanden.
"Es war wichtig, bestimmte Schlüsselfiguren an Bord zu bekommen", sagte er. Dazu gehörte seinen Aussagen zufolge auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): "Sie stimmte unserem Konzept vor zwei Wochen zu." Kurz darauf stellte Merkel zusammen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einen eigenen Vorschlag für einen Hilfsfonds vor.
"Der Merkel-Macron-Vorschlag war wichtig", sagte Hahn, und zwar als Signal an jene Staaten, die solche Hilfen kritisch sehen, etwa sein Heimatland Österreich. Hahn äußerte sich auch zu der Debatte, ob die Mitgliedstaaten der Kommission als Lehre aus der Pandemie mehr Kompetenzen im Gesundheitsschutz geben sollten.
Er zeigte sich diesbezüglich skeptisch: "Ich sehe keinen Grund, irgendetwas an den Kompetenzen zu ändern", sagte er der SZ. Es sei "sehr vernünftig", dass Gesundheitssysteme der Kontrolle von Staaten oder Regionen unterlägen. "Was hätte es für einen Aufschrei gegeben, wenn Brüssel entschieden hätte, wo jemand eine Mundmaske tragen muss und wo nicht oder für wie lange?"
Foto: EU-Parlament in Brüssel, über dts Nachrichtenagentur