Die Corona-Krise verändert die Gesellschaft in atemberaubendem Tempo. Der politisch-mediale Komplex bedient sich der Orwellschen Dialektik, mit der immer mehr Begriffsdefinitionen in ihr Gegenteil verkehrt werden.
von Ramin Peymani
Über einen Mangel an totalitären Phantasien können wir in Deutschland nun wahrlich nicht klagen. Die ersten beiden Corona-Jahre haben uns dies auf bedrückende Weise vor Augen geführt. In vielen Lebensbereichen hat der Totalitarismus Einzug gehalten, was vor allem daran liegt, dass zahlreiche Gesetzesvolten sämtliche Schutzmauern eingerissen haben, die von den Vätern des Grundgesetzes einmal aus gutem Grund errichtet worden waren. Eine immer drastischere polit-mediale Rhetorik hat die letzten Dämme brechen lassen.
Es gilt heute als Bürgerpflicht, Kritiker staatlicher Maßnahmen und Zweifler offizieller Verlautbarungen mit Hass und Hetze zu überziehen. Wir kennen dies aus der Zuwanderungsdebatte, die in der Neuauflage der Massenmigration von 2015 in Kürze ihr Comeback feiern wird, und auch die Church of Global Warming ist alles andere als zimperlich, wenn es jemand wagt, sich ihren Dogmen entgegenzustellen. Dass es noch schlimmer geht, beweisen aktuell unsere österreichischen Nachbarn: Das dortige Corona-Regiment trägt immer demokratiefeindlichere Züge.
Neben der gezielten Kasernierung eines Teils der Bevölkerung, die spätestens vom 13. Dezember an greift, soll im kommenden Februar eine generelle Corona-Impfpflicht eingeführt werden. Fortan wird kein österreichischer Bürger dem Gesundheitstotalitarismus mehr entkommen können, es sei denn durch eine Flucht ins Ausland. Deutschland ist dabei allerdings weniger zu empfehlen, werden doch auch hierzulande die letzten Bastionen des Grundgesetzes bald fallen. Die Impfpflicht wird kommen. Derzeit versucht man es noch mit gesellschaftlicher Ausgrenzung, finanzieller Bestrafung und polit-medialer Kriminalisierung. Das Ganze gleicht einer Hexenjagd.
Die Orwellsche Dialektik, mit der immer mehr Begriffsdefinitionen in ihr Gegenteil verkehrt werden, ist atemberaubend
Frank Ulrich Montgomery trieb es nun auf die Spitze. Eine „Tyrannei der Ungeimpften“ will der Chef des Weltärztebundes ausgemacht haben, ausgerechnet also jener Menschen, die nichts weiter tun, als sich nicht gegen das Corona-Virus impfen zu lassen. Warum gerade sie die Tyrannen sein sollen und nicht diejenigen, die ihnen unverhohlen drohen, sie erpressen und zum öffentlichen Abschuss freigeben, bleibt Montgomerys Geheimnis.
Vielleicht kann ja von dieser Stelle mit einem Hinweis auf Wikipedia geholfen werden. Die Orwellsche Dialektik, mit der immer mehr Begriffsdefinitionen in ihr Gegenteil verkehrt werden, ist jedenfalls atemberaubend. Seine Pendants aus der führenden Politik stehen dem obersten Lobbyisten der Weltärzte allerdings in nichts nach. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder zeigt sich dabei immer enthemmter.
Für ihn hatte Bundestagsvize Wolfgang Kubicki keine freundlichen Worte übrig. „Charakterlos und menschlich erbärmlich“ findet er Söders Corona-Kurs. Noch härter ging er mit Montgomery ins Gericht, den er als „Saddam Hussein der Ärzteschaft“ titulierte, wofür er sich später freilich entschuldigte. Die Stimmung ist aufgeheizt, und einmal mehr ist es gerade die Politik, die die Spaltung befeuert – ein vertrautes Muster aus der Zuwanderungs- und Klimadebatte. Die eskalierte Lage wird sich im kommenden Jahr noch einmal verschärfen, wenn sich alle drei Themen überlagern. Schon jetzt ist absehbar, dass die politischen Weichenstellungen der designierten Ampel-Koalition Feuer an die glimmenden gesellschaftlichen Lunten legen werden. Die Grünen haben jedenfalls mitgeteilt, dass sie nicht mehr verhandeln werden, wenn sie einmal an der Macht sind. So geht Totalitarismus.
Auf dem Weg in die Willkürherrschaft stellt die „politische Elite“ Bedingungen, unter denen sie Grund- und Freiheitsrechte gewährt
Unterdessen hat Österreichs Staatsoberhaupt Alexander Van der Bellen ein unrühmliches Kapitel aufgeschlagen: Menschenrechte darf es in seiner Vision vom europäischen Neo-Totalitarismus zwar weiterhin geben, doch nicht mehr uneingeschränkt. Wäre ja noch schöner, wenn sich die Politik ihren Demokratieabbau von ewigen Zweiflern, renitenten Nörglern und – Gott bewahre! – unsolidarischen Impfstoffverweigerern kaputt machen ließe. Van der Bellen belehrte seine Landsleute, dass von nun an Menschenrechte ohne „Menschenpflichten“ nicht mehr zu haben seien. So einfach ist das.
Der Kniff markiert einen neuen Tiefpunkt auf dem Weg in die Willkürherrschaft, bei der die sogenannte politische Elite Bedingungen stellt, unter denen sie Grund- und Freiheitsrechte gewährt. Eine solche Verlautbarung wäre noch vor zwei Jahren in einer europäischen Demokratie unvorstellbar gewesen. Doch mit Corona geht alles. Nach über eineinhalb Jahren Panikmache und einer generalstabsmäßig inszenierten Kampagne will die Mehrheit inzwischen genau das, um die Umgeimpften zu maßregeln. Nachdem das Lügengebäude des Fremdschutzes krachend eingestürzt ist, soll es nun unsolidarisch sein, eine Infektion zu riskieren, weil man damit das Gesundheitswesen in Bedrängnis bringe.
Wenn wir schon dabei sind: Ist es nicht total unsolidarisch, sich fett zu fressen, sich regelmäßig volllaufen zu lassen oder sich die Lunge kaputt zu qualmen, wie das bei vielen der Schreihälse der Fall ist, die auf einmal um ihre Gesundheit fürchten? Der Spieß könnte sich irgendwann umdrehen. Es ist aber auch wirklich vertrackt mit dem Totalitarismus. Er nutzt immer nur einigen Wenigen. Und immer nur eine begrenzte Zeit. Das sollten die Hetzer bedenken, die nun ihren Hass so ungeniert ausleben.