Klingt wie Sabotage von oben: Bundesumweltministerium bestätigt rasche AKW-Zerstörung mit Säure. FDP-Politiker Frank Schäffler: „Die Kernkraftwerke müssen mindestens im Notfall wieder hochgefahren werden können. Das ist das mindeste.“
Die im April abgeschalteten drei letzten deutschen Atomkraftwerke werden endgültig zerstört und können nicht als Energie-Reserve für Notfälle wieder hochgefahren werden. Das bestätigte das Bundesumweltministerium auf eine Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler, die dem Interview-Portal „Schuler! Fragen, was ist“ vorliegt.
In der Antwort des Bundesumweltministeriums heißt es: „Zur Vorbereitung des Abbaus ist jedoch im Interesse des Strahlenschutzes eine besonders gründliche und damit die Komponenten unter Umständen auf Dauer schädigende Dekontamination vorgesehen.“ Hintergrund ist der Einsatz von Säuren zur radioaktiven Dekontaminierung des so genannten Primärkreislaufs im Reaktor, der dadurch dauerhaft unbrauchbar wird. Ein Wiederanfahren der Kraftwerke wäre danach nur nach umfangreichen „Untersuchungen und Bewertungen“ möglich, schreibt das BMUV.
Weiter heißt es: „Nach den dem BMUV vorliegenden Informationen ist im Atomkraftwerk Neckarwestheim II die Primärkreisdekontamination für den Sommer des Jahres 2023 geplant. In den Atomkraftwerken Isar 2 und Emsland sind nach derzeitiger Planung die Primärkreisdekontaminationen für das erste Quartal des Jahres 2024 vorgesehen.“
Der FDP-Wirtschaftsexperte Frank Schäffler protestiert. Gegenüber „Schuler! Fragen, was ist“ sagte Schäffler: „Die Kernkraftwerke müssen mindestens im Notfall wieder hochgefahren werden können. Das ist das mindeste.“ Schäffler appelliert an die Grünen, die Zerstörung der Reaktoren zu verhindern. „Es ergibt ja wenig Sinn, wenn durch ein mögliches Gebäudeenergiegesetz 600 Milliarden Euro für 1,4 Prozent C02-Einsparung ausgegeben werden, wenn durch die Abschaltung und die Wiederinbetriebnahme von Kohle- und Gaskraftwerken 6 Prozent mehr CO2 ausgestoßen werden. Das müsste selbst dem Grünen-Koalitionspartner einleuchten.“
Doch das der Grünen-Ministerin Steffi Lemke geführte Umweltministerium weist den Vorstoß zurück. Auf die Frage des FDP-Abgeordneten, ob es Überlegungen gebe, eine „schadlose“ Dekontamination bis zur endgültigen Rückbaugenehmigung vorzuschreiben, heißt es: „Da die frühzeitige Primärkreisdekontamination den Empfehlungen des kerntechnischen Regelwerks entspricht (…) und die Betreiber der Atomkraftwerke zur unverzüglichen Stilllegung und zum Abbau der Atomkraftwerke verpflichtet sind, wäre eine in der Frage genannte Vorschrift gesetzeswidrig.“
Es gebe keine Pflicht der AKW-Betreiber, die Reaktoren weiterhin funktionsfähig zu halten. „Im Gegenteil beginnt die Pflicht zur unverzüglichen Stilllegung und zum Abbau nach § 7 Absatz 3 des Atomgesetzes mit dem Ende der Berechtigung zum Leistungsbetrieb und bezieht sich auch auf nicht genehmigungspflichtige Maßnahmen insbesondere zur Vorbereitung.“ Da die Säure-Dekontaminierung nicht genehmigungspflichtig ist, soll das heißen, kann mit der Zerstörung der Reaktoren sofort begonnen werden.