Brisant: Was steckt wirklich hinter dem Bundeswehr-Mitschnitt Leak? Warum plaudern deutsche Luftwaffenchefs über geheime Ukraine-Strategien im öffentlichen Telefonnetz ohne jede Schutzvorkehrungen? Ist damit der Tatbestand des Geheimnisverrats erfüllt?
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat im Taurus-Abhörskandal umfassende Aufklärung versprochen. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) sei eingeschaltet und beauftragt worden, den Vorfall "lückenlos aufzuklären", sagte der Minister am Sonntag in Berlin. "Wir stellen alles auf den Prüfstand."
Zum Beispiel müsse geklärt werden, ob die "richtige Plattform" genutzt worden sei, um über die entsprechenden Informationen zu sprechen. Auch mit Blick auf die verwendete Technik gebe es offene Fragen, ob die Vorgaben eingehalten worden seien. Spekulationen wies er in diesem Zusammenhang zurück: "Diese bringen uns nicht weiter", sagte er. Ergebnisse der Untersuchung erwarte er in den ersten Tagen der kommenden Woche. Erst dann würden "Konsequenzen und Entscheidungen" folgen, so Pistorius.
Der Verteidigungsminister mahnte zudem, "besonders besonnen" auf den Vorfall zu reagieren. Die Affäre sei "Teil eines Informationskrieges", den der russische Präsident Wladimir Putin führe. "Da gibt es gar keinen Zweifel", so der SPD-Politiker.
Datenschutzexperte wirft Bundeswehr "fahrlässiges" Verhalten vor
Der frühere Datenschutzbeauftragte von Baden-Württemberg, Stefan Brink, kritisiert die Bundeswehr in der Abhöraffäre. Bei sensiblen Gesprächen auf ausländische Dienstleister wie den Videokonferenzanbieter Webex des US-Unternehmens Cisco zu setzen, sei heikel, sagte er dem "Handelsblatt" (Montagsausgabe).
"Dies gilt insbesondere dann, wenn die Kommunikation vertraulich ist, wie bei Regierungsgesprächen oder beim Austausch über militärische Fragen", so Brink weiter. "Hier ohne besondere Sicherungsmaßnahmen zu kommunizieren ist grob fahrlässig, denn dass es zu Abhörversuchen kommt, ist sicher."
Der Datenschutzexperte riet dazu, ausschließlich solche Kommunikationswege zu nutzen, die man auch vollständig beherrsche - und auf unsichere Kommunikation vollständig zu verzichten. "Alles andere wäre fahrlässig."
Brink erinnerte daran, dass inzwischen alle großen Kommunikationsdienstleister eine sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung anböten, die auch gegenüber dem Dienstleister selbst wirksam sei. "Warum diese im Fall der Bundeswehr offenbar nicht eingesetzt wurde, ist mir schleierhaft und ein Grund zur Besorgnis."
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