Die mögliche Jamaika-Koalition spielt nach Informationen des "Handelsblatts" eine Anhebung des Steuersatzes für Top-Verdiener durch.
Damit könne man eine Absenkung der Einkommensteuer für untere und mittlere Einkommen zu einem gewissen Teil gegenfinanzieren und sicherstellen, dass nicht nur Gutverdiener entlastet werden, wie es bei einer reinen Abschaffung des Solidaritätszuschlages der Fall wäre, hieß es in Sondierungskreisen. Sowohl in der Union wie auch in der FDP wird über den Vorschlag diskutiert, auch wenn er offiziell noch nicht bestätigt wird.
Der höhere Steuersatz soll den Überlegungen zufolge nur Top-Verdiener betreffen. Keinesfalls soll der heutige Spitzensteuersatz von 42 Prozent einfach angehoben werden, wird betont. Dieser greift derzeit ab einem Jahreseinkommen von rund 54.000 Euro brutto und damit relativ früh.
Die Jamaika-Unterhändler könnten ihn erst später greifen lassen, im Gegenzug bei Top-Verdienern dann aber leicht anheben. Als eine Option gilt, den Reichensteuersatz von 45 Prozent künftig früher zu erheben. Derzeit zahlt den Reichensteuersatz Satz nur, wer als Single mindestens 250.000 Euro im Jahr verdient. Diskutiert wird auch, einen neuen linearen Steuertarif zwischen dem Spitzensteuer- und dem Reichensteuersatz einzuziehen.
Selbst bei einer leichten Anhebung ihres Steuersatzes würden Gutverdiener unterm Strich noch immer entlastet, da sie am stärksten vom geplanten Wegfall des Solidaritätszuschlages profitieren, hieß es in Sondierungskreisen. Eine Abschaffung des Solidaritätszuschlages ohne gleichzeitige Entlastungen für untere und mittlere Einkommen durch eine Steuerreform stößt beim Unions-Wirtschaftsflügel auf Ablehnung.
Auch Ökonomen üben daran Kritik. "Auf eine Reform des Einkommensteuertarifs zu verzichten und sich auf die Abschaffung des Solidaritätszuschlags zu beschränken, wäre enttäuschend. Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags kommt vor allem den höheren Einkommen zu Gute, die Effizienzgewinne wären kleiner", sagte der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, dem "Handelsblatt".
Bei kleinen und mittleren Einkommen sei die Steuer- und Abgabenlast besonders hoch, auch im Vergleich zu anderen Ländern. "Entlastungen würden Arbeitsangebotsanreize deutlich verbessern. Das wäre nicht nur verteilungspolitisch sinnvoll, sondern auch ein Effizienzgewinn", so Fuest.
AfD: 30 Milliarden mehr in der Kasse, doch die Bürger merken nichts davon
Nach den Daten der Steuerschätzer kann der Bund in den kommenden vier Jahren mit Mehreinnahmen von ca. 30 Milliarden Euro rechnen. Der geschäftsführende Bundesfinanzminister Peter Altmaier meint trotz der guten Kassenlage, dass „die Bäume nicht in den Himmel wachsen“ und die Spielräume weiter eng seien. Dazu erklärt der AfD Bundestagsabgeordnete Enrico Komning:
„Seit Jahren hören die Bürger von der Bundesregierung von immer weiter steigenden Steuereinnahmen. Nur kommen all diese Milliarden bei den Menschen vor allem im Osten unseres Landes nicht an. Gut ein Viertel unserer Bürger ist von Armut bedroht. Dies kann und darf kein Dauerzustand sein.
Anstatt in dieser zinslosen Zeit auf dem Geld zu sitzen, muss gerade jetzt massiv in den Mittelstand investiert werden. Kleine und mittlere Betriebe sind vor allem in den ländlichen Räumen, wo sich kein Großkonzern hin traut, der Hauptarbeitgeber. Diese Unternehmen gilt es zu entlasten, damit das Bekenntnis zur ‚Entwicklung der ländlichen Räume‘ nicht zu einem reinen Lippenbekenntnis verkommt.“
Foto: Einkommensteuer, über dts Nachrichtenagentur