Union und SPD wollen Verlage künftig mit einer dreistelligen Millionen-Summe bei den Sozialversicherungsbeiträgen entlasten. Dies ist praktisch eine Subvention auf Kosten der Gemeinschaft für die siechende Pressebranche.
DK | Wenn für das System wichtige Branchen in einer Krise stecken, werden sie subventioniert. Genau das passiert jetzt mit Lügenpresse.
In ihren Koalitionsverhandlungen waren sich Union und SPD schnell einig, dass Zeitungsverlage bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen von den Sozialversicherungsbeiträgen entlastet werden sollen. Das werde 250 Millionen Euro kosten (pro Jahr), erklärte CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder.
Die SPD profitiert hiervon besonders: Die Partei ist über ihre Holding DDVG an zahlreichen Zeitungen beteiligt und hat in den Koalitionsverhandlungen dafür gesorgt, dass für die Sozialkassen bestimmtes Geld in ihre Parteikasse umgeleitet wird. Die Sozis greifen mit klebrigen Fingern in die Sozialkassen und bereichern sich selbst. Verlierer sind übrigens die Zeitungsboten und alle anderen Versicherten, da in der Rentenkasse jetzt 250 Millionen Euro fehlen. So viel zu der Behauptung, die SPD sei eine Partei der sozialen Gerechtigkeit.
Den Zeitungen wird die Subvention nicht mehr helfen. Sie sind bald am Ende, wie die jüngste Auflagenuntersuchung der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) für das 4. Quartal des letzten Jahres zeigt.
BILD
Besonders erfreulich verlief die Entwicklung bei Springers „Bild“, wo Chefredakteurin Tanit Koch nach Bekanntwerden der jüngsten Zahlen sogleich das Weite suchte. Hier sind die Zahlen (wie immer bei uns nur Abos und Kioskverkauf, umsonst verteilte „Bordexemplare“ und Werbeaktionen zählen nicht als Auflage): Bild verliert im vierten Quartal des Jahres 2017 im Vergleich zum Vorjahresquartal bei Abonnements und Einzelverkauf sensationelle 162.576 Stück, was glatte zehn Prozent Verlust ausmacht und die Auflage auf nur noch 1,46 Millionen Exemplare senkt.
Süddeutsche Zeitung
Die Prantl-Prawda Süddeutsche Zeitung kommt mit 0,6 Prozent minus davon und fällt auf 303.273 Stück, was einem Minus von 1.786 Stück entspricht. Die FAZ geht um 5,4 Prozent zurück, fällt um 11.696 Stück auf 203.154 Exemplare.
FAZ
Bei der FAZ hat der Niedergang inzwischen dramatische Konsequenzen: Die Stiftung, der die FAZ gehört, muss sich von der traditionsreichen Frankfurter Societäts-Druckerei trennen sowie von dem einstigen linken Vorzeigeblatt „Frankfurter Rundschau“ und von der Regionalzeitung „Frankfurter Neue Presse“. Käufer ist Dirk Ippen (Münchner Merkur und viele andere), der die Frankfurter Blätter mit seiner siechenden „Offenbach Post“ und der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen fusionieren und jede Menge Qualitätsjournalisten vor die Tür setzen kann. FR-Chefredakteurin Bascha Mika im Aufsichtsglaskasten bei der Produktionsüberwachung eines Frankfurter Newsrooms der Ippen-Blätter: eine geradezu entzückende Vorstellung!
WELT
Die Welt büßt ebenfalls 5,5 Prozent ein (minus 5.087 auf 86.578). Auch die regierungsnahe taz kann sich dem Abwärtsstrudel nicht entziehen: Sie verliert 1.039 Stück (-2,3 Prozent) und kommt noch auf 43.475.
Ein regelrechtes Massaker verüben die Leser der Bild am Sonntag am Springer-Verlag: Minus 8,7 Prozent meldet das Blatt, was einem Verlust um 78.045 auf nur noch 818.913 Exemplare entspricht. Auch die Welt am Sonntag verliert 11.178 Exemplare (minus 4,7 Prozent) und hat noch 225.757 Stück. Die FAZ-Sonntagszeitung fällt etwas langsamer (minus 4,6 Prozent und 10.337 auf 213.333). Die rechte Junge Freiheit gewinnt hinzu: 633 Exemplare (plus 2,7 Prozent). Insgesamt verkauft das Blatt 23.716 Stück.
Handelsblatt
Ein Sonderfall sind die Holtzbrinck-Zeitungen, die überraschenderweise nur leichte Verluste machen oder Zuwächse haben, während fast die gesamte Branche abschmiert. Die Zeit, das Blatt für die gehobenen grünen Stände, meldet ein Plus von 0,4 Prozent bzw. 1.723 auf 418.019 Stück. Der Zuwachs erklärt sich durch die Zunahme sogenannter ePaper, die von vielen Verlagen preiswert zusätzlich zum Print-Abo verkauft oder für wenig Geld für kurze Zeiträume verramscht werden. Bei der Zeit stieg dieser elektronische Anteil an den Abos von 25.570 auf 41.544, so dass die Abos insgesamt von 335.238 auf 344.117 stiegen. Demgegenüber sank der Einzelverkauf von 81.058 auf 73.902, woran die ganze Misere deutlich wird: Die Zeit liegt wie Blei in den Regalen.
Das muss man wissen, wenn man sich mit Holtzbrincks Handelsblatt beschäftigt, das nur um 0,4 Prozent oder 334 Stück auf 88.325 Exemplare schrumpft und von der WELT auf dem Weg in den Untergang überholt wurde. Das gelang nur, weil die ePapers von 31.352 auf 37.940 wuchsen. Damit besteht fast die Hälfte der vom Handelsblatt gemeldeten Abonnements aus ePapers. Die wahren Verhältnisse liefert uns hier wieder der Einzelverkauf, der um 20,47 Prozent absackte. In Wirklichkeit ist das Handelsblatt eine Zombie-Zeitung und wirtschaftsfeindlich ist sie noch dazu.
Dieter von Holtzbrinck warf den schillernden Handelsblatt-Herausgeber Gabor Steingart inzwischen raus, angeblich weil Steingart den ehemaligen designierten Außenminister und Ex-Trinker Martin Schulz (SPD) in einer Rundmail beleidigt haben soll. In Wirklichkeit wurde Holtzbrinck der üppige Lebensstil von Steingart, der große Handelsblatt-Partys feiern und Kongresse abhalten ließ, zu teuer. Über sein Geld wollte Holtzbrinck schon selbst verfügen und feuerte den vom Spiegel gekommenen Qualitätsjournalisten.
Übrigens weiten sich die ePaper-Manipulationen bei anderen Verlagen auch aus: Der Anteil der ePaper bei der Süddeutschen stieg von 32.451 auf 40.405. Damit sollen die Verluste im Einzelverkauf (minus 5 Prozent) kompensiert werden.
Vielleicht hat Holtzbrinck auch mal in die Bücher seiner Printprodukte geschaut und könnte dann beim Berliner Tagesspiegel genau dieselben Manipulationen feststellen. Angeblich stiegen Abo und Einzelverkauf um 1,1 Prozent (1.009 Stück) auf 95.292. Darin sind aber inzwischen 23.059 ePapers enthalten, deren Zahl im Vorjahresquartal erst 14.953 betragen hatte. Tatsächlicher Maßstab dürfte hier der Einzelverkauf sein, der um 9,35 Prozent zurückging.
Die anderen Berliner Blätter sinken zum Teil zweistellig: B.Z. (-12,5 Prozent), Berliner Kurier (minus 10,8), Berliner Zeitung (minus 5,1) und Berliner Morgenpost (minus 8,1) wetteifern darum, wer als erster das Erscheinen einstellt. Auflagen zwischen 72.596 (B.Z.) und 54.985 (Morgenpost) lassen sich in einer flächenmäßig großen Stadt wie Berlin nicht mehr kostendeckend vertreiben. Das Spiel ist bald aus.
In den neuen Ländern fallen die Zeitungsauflagen im Regelfall um fünf Prozent, was bedeutet, dass sich der Abwärtstrend beschleunigt. Es gibt keine Zeitung mehr, die nicht Auflage verlieren würde. Im Süden ist der Trend noch nicht so ausgeprägt, so dass etwa Ippens Münchner Merkur nur um 2,7 Prozent abnimmt.
SPIEGEL & Co.
Zuletzt ein Blick auf die Hochglanz-Magazine, der sich wirklich lohnt: Der Spiegel verliert 7,1 Prozent (minus 41.733) und hat noch 542.869 Stück. Focus, der mit „Fakten, Fakten, Fakten“ den Spiegel früher mal überholen wollte, dümpelt bei 239.680 Stück (minus 3,6 Prozent oder 9.052). Der Stern verliert sogar 15,6 Prozent (minus 100.706) und kommt auf 542.944 Exemplare.