Bundesregierung entwickelt Verfahrenfür geordnete Insolvenz von Staaten. „Der Privatsektor soll in die Verfahren eingebunden werden, um die finanziellen Lasten nicht allein dem Steuerzahler aufzubürden“, heißt es in einem Konzept, das im Bundeskanzleramt kursiert.
Fachleute der Bundesregierung haben ein Verfahren ausgearbeitet, das Länder mit
Zahlungsschwierigkeiten in eine geordnete Insolvenz führen soll. Die Pläne sehen
vor, dass Besitzer von Staatsanleihen im Wege eines sogenannten Haircuts auf Teile
ihrer Ansprüche verzichten sollen, um dem Land aus der Krise zu helfen. „Der Privatsektor
soll in die Verfahren eingebunden werden, um die finanziellen Lasten
nicht allein dem Steuerzahler aufzubürden“, heißt es in einem Konzept, das im Bundeskanzleramt
kursiert. Der Anleihehalter bekomme eine Risikoprämie und müsse
dieses Risiko auch tragen. Der Restwert der Anleihe soll von einer neuen entpolitisierten
und rechtlich selbständigen Einrichtung garantiert werden, dem sogenannten
Berliner Club. Daran sollen sich Mitgliedstaaten der G20 oder nur der Euro-Zone
beteiligen. Führt der Forderungsverzicht der Gläubiger zu keiner Besserung, tritt
eine zweite Stufe des Verfahrens in Kraft. Dabei kommt es dann zu einer kompletten
Umschuldung des betroffenen Landes. Der Berliner Club beauftragt eine mit
den „regionalen Besonderheiten des Schuldnerlandes vertraute Persönlichkeit
oder eine Gruppe von Persönlichkeiten“ damit, die Vermögensinteressen des Pleite-
Landes wahrzunehmen. Der Internationale Währungsfonds soll die Maßnahmen
von Anfang an begleiten. Das Konzept stelle keine Alternative zum europäischen
Rettungspaket, sondern seine Weiterentwicklung dar, heißt es in der Regierung.
DER SPIEGEL 28/2010