Weidel: „Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse werden unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern.“ - Politik und Medien laufen Sturm.
Alice Weidel hatte zum Auftakt der Generalaussprache im Bundestag Protest der anderen Fraktionen provoziert und sich eine Rüge von Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) eingehandelt. Mit Blick auf die Einwanderungs- und Asylpolitik der Bundesregierung hatte die 39-Jährige gesagt: „Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner und sonstige Taugenichtse werden unseren Wohlstand, das Wirtschaftswachstum und vor allem den Sozialstaat nicht sichern.“
„Dieses Land wird von Idioten regiert"
Weidel endete ihre Rede (hier im Wortlaut) mit einem Zitat des früheren tschechischen Präsidenten Zeman: „Falls Sie in einem Land leben, in dem Sie für das Fischen ohne Anglerschein bestraft werden, jedoch nicht für den illegalen Grenzübertritt ohne gültigen Reisepass, dann haben Sie das volle Recht zu sagen, dieses Land wird von Idioten regiert“.
(Siehe Video unten)
DIW: Spiel mit dem Feuer
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hat der AfD-Bundestagsfraktionschefin vorgeworfen, mit ihren Äußerungen zur Einwanderungs- und Asylpolitik der Bundesregierung Deutschland zu schaden.
„Die populistischen Attacken gegen Migranten sind ein Spiel mit dem Feuer. Das Wirtschaftsmodell und der Wohlstand Deutschlands hängen von offenen Grenzen und gegenseitiger Toleranz ab“, sagte Fratzscher dem Handelsblatt. „Wenn im Ausland Menschen so über Deutschland und über Deutsche sprächen, wie dies manche Politiker in Deutschland über Migranten tun, dann würden wir nur wenige unserer Güter ins Ausland verkaufen können und viele Millionen guter Jobs wären gefährdet.“
Der Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Gustav Horn, plädierte dafür, der AfD-Fraktionschef in nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken. Er nahm dabei Bezug auf Siemens-Chef Joe Kaeser, der Weidel auf Twitter vorgeworfen hatte, mit ihrem Nationalismus „dem Ansehen unseres Landes in der Welt“ zu schaden.
„Frau Weidel hat die Maske ihrer gespielten Wohlanständigkeit wieder einmal fallen gelassen und versucht mit menschenfeindlichen Äußerungen Aufmerksamkeit zu erhaschen“, sagte Horn dem Handelsblatt. „Herr Kaeser hat ihr leider den Gefallen getan, zu reagieren.“ Das sei sicherlich gut gemeint gewesen, helfe aber nicht weiter. „Betretenes Schweigen jenseits des verdienten Schäuble‘schen Ordnungsrufs wäre angemessen gewesen.“ Der ökonomische Inhalt der Debatte sei jedenfalls „der weiteren Rede nicht wert“.
DIW will Deutsche integrieren
DIW-Chef Fratzscher bezeichnete es hingegen als eine der „wichtigsten und auch schwierigsten Herausforderungen“ für Deutschland in den kommenden zehn Jahren, nicht nur Zuwanderer, sondern auch viele Deutsche in unsere Gesellschaft und den Arbeitsmarkt zu integrieren.
„Denn Deutschland wird durch seine demographische Schwäche immer stärker auf Zuwanderung angewiesen sein, um den zunehmenden Fachkräftemangel zu dämpfen, die Sozialversicherungssysteme zu unterstützen und Wachstum und Wohlstand zu sichern“, sagte der DIW-Chef. „Dies erfordert vor allem Toleranz und Offenheit, die leider bei manchen Politikern noch fehlen.“
2017: 21 Mrd. für Flüchtlinge - kann aber auch mehr sein
Zur Bewältigung der Flüchtlingskrise hat der Bund im vergangenen Jahr rund 20,8 Milliarden Euro ausgegeben. Das geht aus einem Bericht des Bundesfinanzministeriums hervor, der dem Handelsblatt vorliegt und der Ende Mai vom Bundeskabinett verabschiedet werden soll.
Dem Bericht zufolge beziffert das Finanzministerium die Ausgaben für Maßnahmen zur Bekämpfung der Fluchtursachen auf 14,2 Milliarden Euro. Für die finanzielle Unterstützung der Länder und Kommunen bei Asylkosten und Integrationsleistungen hat der Bund 6,6 Milliarden Euro ausgegeben. Diese Summe könnte sich noch erhöhen. Für einige Posten hat der Bund bisher nur eine Abschlagzahlung geleistet, die sogenannte „Spitzabrechnung“ steht noch aus.
Einige Bundesländer fordern trotz der Milliarden-Überweisung zusätzliche Mittel vom Bund. Sie würden „auf die aus ihrer Sicht unzureichende Beteiligung d es Bundes an den flüchtlings- und integrationsbezogenen Ausgaben der Länder“ hinweisen und „erheben zum Teil weitergehende Forderungen an den Bund“, heißt es in dem Regierungsbericht.
Konkret fordern die Länder laut einer dem Handelsblatt vorliegenden Beschlussvorlage für ein Treffen des Chefs des Bundeskanzleramtes mit den Chefs der Staatskanzleien an diesem Donnerstag statt der zugesagten acht nun bis zu elf Milliarden Euro an Unterstützung vom Bund.
Die bestehenden Entlastungsregelungen in Form der Integrationspauschale, für die Kosten der Unterkunft sowie für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge müssten „mindestens in ihrer bisherigen Höhe fortgeführt und den aktuellen Entwicklungen angepasst werden“, heißt es in der Vorlage.
Vor diesem Hintergrund seien die zuletzt auf Bundesebene avisierten Mittel zur Entlastung von Ländern und Kommunen in Höhe von acht Milliarden Euro „nicht ausreichend, um den Status quo bei steig enden Kosten der Länder und Kommunen zu sichern“. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) lehnt in seinem Regierungsbericht eine stärkere Unterstützung der Länder jedoch ab. Die Kritik der Länder sei „nicht nachvollziehbar“, heißt es darin.
Die Rede von Alice Weidel: