Sollte die CSU hart bleiben, könnte die Ära Merkel am Montag beendet sein. Doch wäre der Bruch mit der CSU wirklich das Ende ihrer Regentschaft? Oder spaltet sich die CSU ab und wird durch die FDP in der Regierung ersetzt? CSU dann bundesweit als AfD-Ersatz?
Von Klaus Pollmann
Als am Mittwoch die Mehrheit der CDU Abgeordneten Partei für Seehofer ergriffen hat, schien das Ende der Ära Merkel nur noch eine Frage von wenigen Tagen zu sein.
Eine genaue Analyse der Ereignisse vom Freitag lässt jedoch befürchten, dass die Kanzlerin auch diesen Machtkampf überstehen und möglicherweise bis zum Ende der Legislaturperiode an der Macht bleiben wird. Erst danach könnte die CSU in Gestalt eines neuen Bundeskanzlers Söder als eigentlicher Sieger aus dem langfristigen Konflikt hervorgehen.
Der Reihe nach:
Die Kanzlerin konnte sich am Freitag bei Schäuble bedanken, dass es ihm gelungen ist, die CDU Abgeordneten nochmals auf Merkel einzuschwören, und damit zunächst die größte Gefahr für ein vorzeitiges Ende ihrer Kanzlerschaft abzuwenden. Dass ihm dieses auch bei der CSU gelingt, ist nicht zu erwarten. Zu sehr hat sich die CSU vor allem durch Söder positioniert. So sehr dass man guten Gewissens von einem Point of No Return sprechen kann, weil es kein Zurück mehr gibt, ohne vor der Bayern Wahl absolut das Gesicht zu verlieren und den Streit zu einem klassischen Eigentor werden zu lassen. Soweit wird es die CSU nicht kommen lassen. Dazu muss man kein Prophet sein.
Stellt sich die Frage, wie die Kanzlerin auf den zu erwartenden Alleingang Seehofers reagieren wird. Und sie muss reagieren, um ihr Gesicht nicht völlig zu verlieren. Die Option, einfach so weiter zu machen, scheidet daher aus.
Die nächste Option wäre die Vertrauensfrage zu stellen. Möglicherweise könnte sie damit im Erfolgsfall den Gesichtsverlust wieder ausgleichen. Aber warum sollte sie die damit verbundenen Risiken eingehen, wenn es einen sicheren Weg gibt, um an der Macht zu bleiben? Und dieser Weg wäre die Entlassung Seehofers.
Damit hätte sie Stärke gezeigt, wenn dies auch zwangsläufig mit dem Bruch der aktuellen GroKo verbunden wäre, denn die CSU könnte unter diesen Umständen kaum in der Regierung bleiben wollen.
Man darf davon ausgehen, dass die CDU diesen Worst Case längst durchgespielt und sondiert hat, wie es dann weitergehen könnte. Mit Ausnahme der AFD dürfte keine der Parteien ein Interesse an Neuwahlen haben, weil jede von Ihnen Verluste befürchten müsste.
Der dann erneut geforderte Bundespräsident wird wie schon beim letzten Mal ebenfalls einer Neuwahl ablehnend gegenüberstehen, weil nach gegenwärtiger Einschätzung die zu erwartenden Ergebnisse eine Regierungsbildung noch schwieriger als bisher machen dürften. Also liegt nahe, dass die Parteien von Steinmeier zu erneuten Verhandlungen über eine GroKo aufgefordert werden. Die CDU und SPD sind ohnehin bereit dazu.
CDU - SPD - FDP?
Fehlt eine Partei, die die CSU ersetzt. Diese dürfte mit der FDP jedoch schnell gefunden sein, zumal jetzt die Grünen nicht mehr mit im Boot sitzen.
So wie sich die SPD dem Ansinnen Steinmeiers nicht hat entziehen können, wird sich auch die FDP ihrer gesamtpolitischen Verantwortung bewusst werden.
Man muss deshalb kein Prophet sein, um vorherzusehen, dass wir kurzfristig eine GroKo aus CDU, SPD und FDP mit einer Kanzlerin Merkel haben werden. Damit wäre Merkel den potentiellen Streithansel CSU los. Der FDP könnte sie den Eintritt in die GroKo durch ein Entgegenkommen in der Flüchtlingspolitik schmackhaft machen, zumal auch sie längst erkannt haben dürfte, wie falsch der bisherige Weg gewesen ist.
Sie wird demnächst argumentieren können, dass es die erhoffte gemeinsame europäische Lösung in naher Zukunft nicht geben werde, obwohl sie alles versucht habe. Darum könne sie sich einer nationalen Lösung nicht länger verschließen. Unter diesen Umständen ist es der Kanzlerin durchaus zuzutrauen, die Legislaturperiode doch noch zu überstehen, um danach zu einer erneuten Wahl nicht mehr anzutreten und damit „ungestürzt“ abzutreten.
Was wird aber mit der CSU?
Nach dem Austritt aus der Groko dürfte es nicht lange dauern, bis die CSU verkünden wird, bei der nächsten Bundestagswahl bundesweit anzutreten. Möglicherweise wird die CSU dann zur Zielgruppe derjenigen, die bisher aus Protest die AFD gewählt haben, oder die nicht zur Wahl gegangen sind, weil sie die AFD nicht wählen wollten und ihre Positionen in den Programmen der etablierten Parteien nicht mehr wiedergefunden haben, und auch eines großen Teils der bisherigen CDU Wähler.
Es sollte deshalb niemanden überraschen, wenn bei der nächsten Wahl die CSU zur stärksten Partei und ihr aktueller Ministerpräsident Söder nicht nur Kanzlerkandidat, sondern neuer Bundeskanzler werden könnte.