Zunächst hat der Hurrikan „Ike“ Texaserreicht, wo schon ein Schaden von 100 Mrd. USD befürchtet wurde. Deswegenbrach die Versicherungsaktie AIG am Freitag auch um 30% an der Wall Street ein.13 Raffinerien haben ihren Betrieb für 1-2 Tage eingestellt, nehmen ihn abernun wieder bald auf.
Damit fiel für einige Tage 15% der US-Kraftstoffproduktionbzw. 2,8 Mio. Barrel am Tag aus. Ike“ hätte in Houston aber auch eine Sturmflutauslösen können, was aber nicht der Fall war. „Ike“ hatte einen Durchmesser von über1000 km und brachte bei 170Stundenkilometern sehr viel Wasser mit.
DieDämme haben aber gehalten. Über 4 Mio. Menschen sind jetzt in Houston ohneStrom und das wahrscheinlich über 1 Woche lang. Bisher wurden „nur“ 3 Totegemeldet. Das Auge des Sturms ging östlich von Houston vorbei.
Die gute Nachricht: es war kein Hurrikan derStufe 4, sondern nur der Stufe 1-2. Wir werden sehen, welche Schäden „Ike“ tatsächlichangerichtet hat, aber es war wohl nicht so schlimm wie befürchtet (daher AIGkaufen). Ich rechne am Montag mit steigenden Kursen an der Wall Street.
Erstaunlichund gleichzeitig bezeichnend ist, dass der Ölpreis am 12. September nur leicht auf 102 USD/Barrel gestiegen war.Vor einigen Monaten hätte eine solche „Horror-Meldung“ wie „Ike“ einen Kursanstiegum 10 USD/Barrel herbeigeführt.
Dies deutet mehr darauf hin, das der Ölpreisauf unter 100 USD/Barrel fallen wird, zumal, wenn „Ike“ nur das Format von„Gustav“ hatte, also weniger Schäden anrichtete als erwartet. Allerdings sinkenschon wieder die US-Lagerbestände, so dass der Ölpreis mittelfristig wiederanziehen dürfte. Ich rechne mit einer Trading Rang von 80-120 USD/Barrel in dennächsten Monaten.
Nach der staatlichenZwangsverwaltung bei dem Hypothekenbank Fannie Mae und Freddie Mac steht an diesemWochenende das Schicksal der US-Traditions-Investmentbank Lehman Brothers auf dem Spiel. Lehman Brothers (LB) meldeteeinen Quartalsverlust von 3,9 Mrd. USD, wobei die Bilanz-Zahlen absichtlichvorverlegt wurden, um eine vollständigen Verkauf zu ermöglichen.
Einekoreanische Bank hat sich aber zurückgezogen. Dafür zeigen jetzt angeblich die Bankof America und Barclays Interesse an einer Übernahme, wobei kurioserweise das US-Finanzministeriumals Vermittler agiert. Die Market Cap von LB schrumpfte schon auf unter 2 Mrd. €zusammen.
Dies wäre ein „Schnäppchen“ für chinesische Banken oder russischeOligarchen, aber die sind nicht willkommen (wie bei der IKB Bank oder DresdnerBank zuvor). Der Kurs von LB brach am 11. September noch einmal um 40% auf 3 €ein und gab am 12. September auf das Allzeit-Tief von 2,67 € intraday nach. ImMai befand sich der Kurs noch bei 30 € und im letzten Jahr bei 60 €.
Wenn eineAktie um über 90% fällt, ist das Unternehmen ein akuter Konkurskandidat, wobeiich mir nicht vorstellen kann, dass die amerikanische Notenbank im Fall vonBear Stearns Garantien im Volumen von 30 Mrd. USD zur Verfügung stellt, umdamit den Einstieg von JP Morgen zum Schnäppchenpreis von 2 € zu ermöglichen,und LB leer ausgeht.
Ich verstehenicht, wieso sich die Deutsche Bank für 2,8 Mrd. € zu 29% an der Postbankbeteiligt und nicht für 2 Mrd. € ein Übernahmenangebot bei Lehman Brothersmacht, um seine Position auf dem US-Markt auszubauen.
Lehman Brothers willseinerseits das Investmentbankinggeschäft und Immobilien verkaufen, um nicht inKonkurs zu gehen, aber was bleibt dann noch übrig? Der nächste Pleitekandidatnach Lehman Brothers ist die US-Investmentbank Merrill Lynch. Bisher sind inden USA 11 Banken Pleite gegangen, wer wird die nächste sein?
Auch WachoviaCorporation, einer der größten Bank der USA, hängt am seidenen Faden. Dergrößte Versicherungskonzern der Welt AIG ist nicht mehr der größteVersicherungskonzern der Welt, denn er verlor am Freitag 30% an Wert, da die Anlegervermuteten, das „Ike“ einen Schaden von 100 Mrd. USD am Wochenende anrichtenkönnte!
Zudem muss AIG wahrscheinlich weiter Mrd-Abschreibungen aufgrund vonKreditderivaten auf Anleihen von Fannie Mae und Freddie Mac melden. Auch hier werden neue Mega-Abschreibungenerwartet. Viele Versicherungen sind jetzt in den USA auch am Rande der Pleite. Hoffentlichgehen nicht Lehman Brothers und auch nicht Merrill Lynch Pleite, denn dannhaben die USA und auch die Weltbörsen ein Problem, was sie nicht so schnellverkraften werden. Dann ist auch ein Crash an den Weltbörsen möglich.
Schon jetztstehen wir kurz vor einem Systemkollaps mit den Harakiri-Aktionen derNotenbanken und des US-Staates. Man muss sich einmal vorstellen, das die NotenbankenFannie Mae und Freddie Mac 1,5 Billionen USD geliehen und damit zweiUnternehmen Geld anvertraut haben, die faktisch Pleite sind, aber nicht Pleitegehen dürfen, weil sie ein Anleihenvolumen von 5 Billionen USD haben.
Der US-Staatwar bisher „nur“ mit 9,6 Billionen USD verschuldet; nun kommen 5 Billionen USDhinzu, denn die Schulden von Fannie Mae du Freddie Mac wandern nun vollständigin die Bücher des Staates - angeblich nur für ein Jahr, was ich aber nichtglaube. Damit kommt die USA jetzt aufdas Verschuldungsniveau von Italien und Japan, wie überhaupt die ParallelenJapan (erst Immobilien-Crash, dann Bärmarkt bei Aktien für fast 20 Jahre!)offensichtlich sind.
Die BIZ und die FED arbeiten gerade fieberhaft an einemneuen Krisenprogramm, wie sich Notenbanken gegenseitig helfen können, um einenSystemkollaps oder eine Crash-Situation an den Weltbörsen wie 1929 zu vermeiden – hoffentlich nicht zuspät, denn für viele Banken heißt es schon jetzt: „Last Margin Call! VieleAnleger sind immer noch ahnungslos und begreifen nicht, was sich gegenwärtigvor und hinter den Kulissen im Finanzsektor abspielt. Für die Anleger heißt esjetzt „Last Wake up Call!“
Auch glaubeich nicht daran, dass das Haushalsbilanzdefizit in den USA im nächsten Jahr„nur“ 483 Mrd. USD, sondern weit über 500 Mrd. USD betragen wird. Das BSP-Wachstumvon 3,3% im 2Q08 ist ebenso geschönt wie die Arbeitslosenzahlen, was auch zumWahlkampf gehört. Viele US-Hedgfonds sind jetzt am Rande der Pleite, was auchdazu führt, das Rohstoffpreise und Kurse an Emerging Markets durch unlimitierteZwangsliquidierungen in den Keller fallen.
Auch dies ist ein Grund für den dramatischenKursverfall an der Moskauer Börse um über 40% in wenigen Wochen. Möglich istsogar eine militärische Aktion (gegen Iran?) oder einem „selbst initiierten“Terroranschlag von oder in den USA, um McCaine eine bessere Ausgangssituation als„Hardliner“ und „Kämpfernatur“ im Wahlkampf zu verschaffen. Auch ein Iran-Kriegist nach dem Georgien-Krieg, der für McCaine „willkommen“ wäre, nicht ausgeschlossen.
Die nächsteWoche wird auch von der Markttechnik geprägt werden, was auch indirekterWahlkampf ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der US-Markt vor der Präsidentschaftswahlam 4. November noch einmal einbrechen wird. So auch am Freitag war der US-Marktstabil: trotz der hohen Risiken und „Ike“ schloss der S&P sogar mit einem knappenPlus von 2 Punkten bei 1252 Indexpunktenund der Dow Jones schloss im Wochenverlauf auch mit einem leichten Plus von 2%ab.
Das „Plunge Protection Team“ wird dann wieder massiv eingreifen, wenn der DowJones droht abzustürzen und das wäre bei der Marke von unter 11000 Indexpunkten.Dann würde auch der DAX unter 6000 Indexpunkte fallen mit Potential bis 5600Indexpunkte. In diesem Fall lohnen sich kurzfristig Short-Positionen beim Dow Jones, S&P oderDAX, was auch über ETFs möglich ist. Ich rechne aber mit einer leichtenKurserholung, wenn Lehman Brothers gerettet wird und „Ike“ nicht die Wirkunghat wie man befürchtete.
Zwischenzeitlichwird es einen „Krieg hinter den Kulissen“zwischen den beiden Weltmächten USA und Russland geben. Die USA bemühen sichauf diplomatischer Ebene Druck auf Schweden auszuüben, damit Schweden nicht denBau der nordischen Pipeline genehmigt.
Russlandbietet der OPEC eine Kooperation an, um die Ölpreise unter Kontrolle zubekommen und möglicherweise auch als Waffe gegen die USA benutzen zu können. Zudemhat Russland einen heißen Draht nach Venezuela, wo der US-Botschafter schonausgewiesen wurde. Russland wird seine Kontakte nach Syrien ausbaue, um die USAzu ärgern. Auch könnte es demnächst einen verschärften Iran-Konflikt geben, woRussland als Lieferant der Technologie für das Atomkraftwerk, das im Herbst ansNetz gehen soll, eine strategisch bedeutsame Rolle spielt.
Eines dürfteklar sein: Georgien und Ukraine werden mittelfristig in die NATO aufgenommen,vielleicht schon nächstes Jahr, was sicherlich wiederum eine erneuteProvokation gegenüber Russland darstellt. Wie wird Russland darauf reagieren?Dann stehen sich im Konfliktfall à la Georgien auf einmal russischeKriegsschiffe und NATO-Kriegsschiffe im Schwarzen Meer unmittelbar gegenüber.
In Sevastopol sind immer noch die russischen Kriegsschiffe (oder sind es auch „Friedenstruppen“)aus alter Sowjetzeit stationiert, was den Ukrainern schon lange ein Dorn im Augeist; sie sollen bis spätestens 2017 abziehen. Bis dahin kann aber noch vielpassieren. Auch die Krim ist überwiegend von Russen beherrscht und viele habendort auch einen russischen Pass und sprechen nur russisch.
Mein Vorschlag an dieNATO: nimmt auch Russland in die NATO auf und konstruiert keine falschenFeindbilder. Es wäre nicht auszudenken, wenn russische und amerikanischeKriegschiffe realtiter sich einmal feindlich gegenüberstehen. Dann ist esvöllig unwesentlich, wer dann wen zuerst angegriffen hat, was jetzt einEU-Untersuchungsausschuss beim Georgien-Krieg zu Tage bringen will.
Dann wird es nur einen Verlierer geben: dieWelt! Die Spionage und Geheimdienstaktivitäten haben sich deutlich beidseitig(USA/Russland) erhöht. Und beide suchen jetzt strategische Partner, die sichjeweils feindlich gegenüberstehen. Ich nenne das Krieg hinter den Kulissen.Es ist jetzt wichtiger denn je, übereine neue Sicherheitsarchitektur mit Russland „auf Augenhöhe“ zu reden, dienicht einseitig von den USA dominiert wird, und dafür klare Regelnaufzustellen, bevor es zu spät ist und die Dinge eskalieren.
Es könnteauch im Hinblick auf den US-Wahlkampf also einen „heißen Herbst“ an denWeltbörsen geben. Möglicherweise schlägt sich Russland jetzt ganz provokativauf die Seite des Irans bei der Frage, ob und wann das Atomkraftwerk ans Netzgehen soll. Dies könnte sogar einen zweiten„Stellvertreter-Krieg“ auslösen.
Zudem droht ein Handelskrieg USA/Russland. Die USA haben angeblich erheblichKapital von der Moskauer Börse abgezogen und damit einen Kurssturz ausgelöst,möglicherweise auch um Russland zu destabilisieren. Russland hat seinerseits schonein Importverbot für Geflügel für die USA ausgesprochen, wie zuvor gegen Polenfür angebliches Gammelfleisch.
Medwedew/Putin werden aber auch dafür sorgen,dass das Kapital wieder nach Russland zurückkehrt notfalls durch Käufe von Pensionskassenund befreundeten Oligarchen. Dagegen steht angeblich der Oligarch RomanAbramovich auf der Abschussliste des Kremls. Die Notenbank stützte schon zuvorden Rubel, womit die Währungsreserven um 6 Mrd. USD abnahmen. Zudem rechne ichmit Aktienrückkaufprogrammen von Blue Chips. Nach dem Crash am 9. September ander Moskauer Börse mit einem Kursverlust von 7%, tendierten die Aktien amFreitag an der Moskauer Börse freundlich.
Welche Richtungdie Börse nimmt und wie Sie sich dann verhalten sollen, können Sie der täglichaktualisierten „Ostbörsen-Hotline 09001-8614001 (1,86 €/Min) entnehmen. Meinewöchentlichen Kolumnen und Analysen können Sie ab sofort unter www.andreas-maennicke.de kostenlosabrufen, wenn Sie sich dort registrieren.
Hinweise: Am 12. November findet dasnächste ESI-Ostbörsen-Seminar „Go East!“ um 18.00 Uhr in Frankfurt/M (gleich nachdem EK-Forum) statt. Dort werden neben den Chancen an den etablierten Ostbörsenauch die neuen Chancen an den Börsen in Südosteuropa, Zentralasien und denGUS-Republiken ausgelotet. Referent ist neben Andreas Männicke derOstbörsenexperte Stefan Laxhuber. Bitte melden Sie sich rechtzeitig an unterESI GmbH; Jüthornstr. 88, 22043 Hamburg, Tel: 040/6570883, Fax: 040/6570884,E-Mail. Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! . Dasnächste Live-TV-Interview über den Balkan mit Andreas Männicke findet am 19.September in der 3SAT/Börse um 21.30 Uhr (www.3Sat.de/boerse)statt.